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100 Löcher, 100 Prozent Falkenstein
Der Hundertlochpokal (HuLoPo) im Hamburger Golf-Club e.V. Falkenstein ist ein Turnier der Superlative, das einzige 100-Löcher-Turnier weltweit – wie kam es dazu und wie läuft es ab? Wir haben den Geschäftsführer des Hamburger Golf-Clubs e.V. Falkenstein, Berthold Apel, und einen langjährigen Teilnehmer, Kai-Carsten Britze, mit Fragen gelöchert.
100 Fragen waren es letztlich nicht, aber 100 Löcher an einem Tag wurden tatsächlich beim HuLoPo am 2. Juli 2021 im Hamburger Golf-Club e.V. Falkenstein gespielt – und das nicht das erste Mal. Seit über fünf Jahrzehnten gibt es schon das außergewöhnliche Turnier, das weltweit seinesgleichen sucht und jedes Jahr, traditionell um die Sonnenwende und damit an einem der längsten Tage des Jahres, immer an einem Freitag stattfindet. Auch im Corona-Jahr 2020 wurde es ausgetragen. Nur zweimal in all den Jahren musste die Veranstaltung wetterbedingt abgebrochen werden oder ausfallen, wie uns Berthold Apel, der Geschäftsführer des traditionsreichen Clubs, berichtet.
Es begab sich vor langer Zeit …
… dass Hans-Joachim Wortmann und drei weitere Herren auf der Clubterrasse des Hamburger Golf-Clubs e.V. Falkenstein die Idee zu einem der verrücktesten Golfturniere der Welt hatten: 100 Löcher an einem Tag – warum nicht? Ein Name war schnell gefunden und am 12. Juni 1966 spielten sie das erste HuLoPo, an einem der heißesten Tage des Jahres, wie sich der damalige Teilnehmer und erste Gewinner des Turniers, Hennig Sostmann, erinnert. Aus der Idee einiger Golfenthusiasten wurde eine Tradition, bei der es auch heute noch um die Ehre, den Spaß und um einen ewigen Wanderpokal geht, der – typisch hanseatisches Understatement – nicht mehr als ein schlichter Zinnteller ist, in den der Gewinner eingraviert wird. Mittlerweile aufgrund der vollen Vorderseite auf der Rückseite.
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Der ideale Platz ist gefunden
Wurde der Golf-Marathon in den Anfangsjahren auf verschiedenen Anlagen im Hamburger Raum ausgetragen, so ist er seit rund 20 Jahren wieder ausschließlich ein Falkenstein-Event. „Schließlich wurde ja auch hier die Idee geboren“, so Sostmann. Abgesehen davon ist der kurz zu spielende Platz eines der besten und renommiertesten Clubs in Deutschland ideal für das Turnier: Die Abschläge und Löcher liegen nah beieinander und aufgrund seines hügeligen Designs ist er einer der sportlich ansprechendsten im Hamburger Raum.
So viel Falkenstein für wenig Geld
Kein Wunder, dass die Idee über die Jahre nichts an Attraktivität eingebüßt hat. „Maximal 36 Golfer und Golferinnen können am HuLoPo teilnehmen. Ein HCPI von 15,4 oder besser ist Pflicht, um den Spielfluss zu gewährleisten“, so Falkenstein-Geschäftsführer Berthold Apel, der bedauert aus Zeitgründen leider noch nie mitgespielt zu haben. „Teilnehmer aus dem gesamten Bundesgebiet, auch aus Österreich und der Schweiz, nutzen die Chance, für eine Turniergebühr von nur 70,- Euro in Falkenstein zu spielen, und das dann gleich 100 Löcher. Uns als Club geht es dabei um die Tradition und Sportlichkeit, nicht um den Profit!“
Ein Männerding?
Der bislang jüngste Teilnehmer war 14, der ältestes 71 Jahre alt. „Rund ein Viertel sind seit Jahren dabei, einer sogar schon 31 Mal!“, weiß Apel. „Hauptsächlich sind es Männer. Die reizt wohl die sportliche Herausforderung. Vielleicht ist Frauen das zu verrückt oder sie haben Angst, sich ihren Schwung zu verderben! Allerdings haben wir auch zwei Damen, die schon zehn Mal dabei waren. In diesem Jahr waren 17 Flights, also 34 Teilnehmer, am Start, darunter zwei Frauen.“
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Sonderregel für ein besonderes Turnier
Gespielt wird immer in 2er-Flights. Die Rahmenbedingungen sind einfach: „Um 4:30 Uhr erfolgt der Kanonenstart und mit Sonnenuntergang ist Schluss“, so Apel, „Ein anderes Zeitlimit gibt es nicht. Am Anfang geht es oft sehr schnell in 2:15 bis 2:30 Stunden pro Runde, danach wird es langsamer!“ Das auch bei Pros sehr beliebte Turnier („In der Regel sind drei, vier Pros dabei“, so Apel) ist ein Zählspiel und nicht handicap-relevant, denn es gibt eine Sonderregel: Ein nicht gefundener Ball wird mit Strafschlag dort gedroppt, wo er vermutet wird.
100 Löcher musst du gehen
Empfohlen wird eine erste Pause nach 2 x 18 plus 10 Löchern, eine zweite nach weiteren 2 x 18 Löchern und zum Schluss 1 x 18 Löcher, aber die Einteilung ist den Teilnehmern überlassen. „Viele machen das so, denn dann kommen sie hier mit dem 100. Loch beim Clubhaus an und werden von den anderen bejubelt und begrüßt!“, sagt Apel. „Es gab aber auch schon einmal Teilnehmer, die die 100 Löcher in einem Rutsch durchgespielt haben und schon um 14:30 Uhr fertig waren. Der langsamste kam dagegen erst gegen 22 Uhr wieder an.“ Egal, wie die Einteilung ist: Eine Anstrengung ist das Ganze auf jeden Fall, denn fünf 18-Löcher-Runden plus 10 Löcher, das sind zwischen 375 und 550 Schlägen und mehr als 40 Kilometer Fußmarsch (Carts und E-Trolleys sind nicht erlaubt).
Das Turnier wird jünger und schneller
Die Konzentration ist nicht das Problem („Der Score wird zum Ende hin oft besser“, so Apel), sondern neben der Müdigkeit sind die Füße die größte Herausforderung. „Viele Teilnehmer haben mit Blasen und Schwellungen zu kämpfen, zum Teil werden die letzten Löcher sogar barfuß gespielt“, so Apel. „Und einmal hatten wir einen Teilnehmer, der musste nach dem 99. Loch vom Platz getragen werden, weil er einfach nicht mehr laufen konnte. 1969 spielte ein Journalist mit. Nach 46 Löchern war Pause und als es weitergehen sollte, wurde er vermisst. Man fand ihn unter der warmen Dusche sitzend – schlafend!“ Gastspieler sind am Turniertag nicht erlaubt, für die Clubmitglieder gibt es die strikte Vorgabe, HuLoPo-Teilnehmer grundsätzlich durchspielen zu lassen. Diese meistern den Wettbewerb heute zügiger als in den Anfangsjahren: „Früher wurden längere Pausen gemacht und das Durchschnittsalter lag um die 40 Jahre, heute sind wir bei 30 Jahren, die Kondition ist besser und es ist keine Frage mehr, ob man die 100 Löcher schafft, sondern wie schnell man sie meistert“, so Apel.
Mit Rührei über die Runden
„Genauso ist es“, bestätigt auch Kai-Carsten Britze. Der 52jährige Sportliche Leiter des THK Rissen war in diesem Jahr zum neunten Mal dabei. Bis auf einmal immer mit seinem Chef Ulf Holländer, der ihn damals zur Teilnahme anstiftete. „Wir haben das gleiche Spieltempo und verstehen uns auch nach dem neunten Extremturnier noch gut, das passt!“, lacht Britze. Wochenlang auf das Turnier vorbereitet hat sich der passionierte Hobbygolfer (HCPI 10, Heimatclub Groß Kienitz) nicht – im Gegensatz zu anderen Teilnehmern. Er vertraut auf seine Grundfitness und wenige feste Rituale: „Ich esse nach 54 Löchern grundsätzlich Rührei und nach den 100 Löchern ein Schnitzel, dazu gibt’s dann immer ein Glas Rosé“, verrät Britze.
Strategie, Spaß und Spirit
Er liebt an dem Extremturnier den Spirit und abgesehen von dem Platz die unschlagbare Morgenstimmung. „Ich habe die Nacht kaum geschlafen, der Schlafrhythmus lässt sich ja nicht so einfach umstellen. Sich nach einem schnellen Kaffee dann morgens um 4 Uhr zum Golfen zu treffen, war echt heftig, aber als es dann mit dem Turnier losging, war ich hellwach und die ersten 54 Löcher verflogen, am Ende fehlte etwas die Kraft, aber von Müdigkeit keine Spur!“ Sein Geheimtipp ist es, zwischendurch ab und an auch mal zu joggen und regelmäßig etwas zu trinken und Müsliriegel zu essen! „Zudem ist es auch eine Kopfsache, wie man durchkommt, ähnlich wie bei einem Marathon“, so der Wahlhamburger. „Der Wettbewerb ist super und hat Spaß gemacht!“
Nach dem HuLoPo ist vor dem HuLoPo
Das Turnier hat er insgesamt gut überstanden: „Insgesamt war es easy heute. Ich habe zwar total wechselhaft gedrived, zwischendurch war mal für eine halbe Stunde die Konzentration weg und die Blasen an den Füßen sind nach dem 50.000-Meter-Marsch, den 1.500 Höhenmetern und 15 Stunden auf den Beinen heftig“, so Britze, „aber mein Ziel war es, unter 500 Schlägen zu bleiben – und das habe ich geschafft!“ In der Tat: Kai-Carsten Britze belegte in der Netto-Wertung am Ende Rang 3 mit 392 Schlägen (481 brutto). Herzlichen Glückwunsch! Danach gab es erstmal zwei Tage Golfpause, doch, auch wenn seine Frau und die beiden Kinder es crazy finden, das Ziel für nächstes Jahr steht schon fest: Noch besser werden, denn nach dem HuLoPo ist vor dem HuLoPo! Die Falkensteiner Tradition wird fortgesetzt!