Auf der Spur
Seine Mission ist die Nachhaltigkeit: Dr. Gunther Hardt, seit Jahren das Gesicht des Umweltprogramms „GOLF&NATUR“ des Deutschen Golf Verbandes (DGV), hat uns verraten, wie gut Golfsport und Naturschutz zusammenpassen.
Golfplätze sind für ihn Hotspots der Natur - Dr. Hardt, Vorsitzender des DGV-Ausschusses Umwelt und Platzpflege, promovierter Agrarwissenschaftler und freiberuflicher Golf- und Sportrasen-Sachverständiger weiß, wovon er spricht.
VcG: Herr Dr. Hardt, können Sie noch Golf spielen ohne den Zustand des Platzes kritisch zu beäugen?
Dr. Hardt: Schwierig, denn als Experte gehe ich natürlich mit anderen Augen über den Platz, gucke mir den Standort, die Belüftung, die Besonnung, die Pflanzen und das Bodenprofil an. Mittlerweile bin ich soweit, dass ich mir auf der Scorekarte nicht die Ergebnisse, sondern Anmerkungen zu den einzelnen Golfbahnen notiere.
VcG: Was macht für Sie den Reiz am Golfen aus?
Dr. Hardt: Der Reiz liegt darin, dass wir in einer Landschaft spielen, nicht in einem großen Schrebergarten! Golfanlagen sind in erster Linie Sportplätze, aber auch Hotspots der Natur. Dank der Golfanlagen haben wir in Deutschland rund 50.000 Hektar Fläche, die dem Naturschutz zu Verfügung steht. Sie bieten ein enormes Potenzial für den Umwelt- und Naturschutz, denn 50 bis 60 Prozent ihrer Fläche werden naturbelassen gepflegt. Viele Golfer nehmen das so hin. Dabei macht es den Golfplatz gerade interessant, dass wir hier viele verschiedene Strukturen vorfinden, vom vier Millimeter Gras bis zum Hochwald. Das kann keine andere Sportart aufweisen.
VcG: Sind Golfplätze also von besonderer Bedeutung für die Umwelt?
Dr. Hardt: Ja, denn sie sind nicht nur für Menschen ein idealer Rückzugsort, sondern auch für Pflanzen und Tiere. Libellen, Vögel wie der Rotmilan, Falter, Wildbienen – die Arten-, aber auch Pflanzenvielfalt ist enorm. Golfplätze bieten ihnen aufgrund ihrer Struktur mehr Lebensraum als landwirtschaftlich betriebene Flächen. Golfer sind also Naturschützer – nur viele wissen das noch nicht!
VcG: Nachhaltigkeit und Naturschutz sind ein großes Thema. Ist dies auch den Golfanlagen bewusst?
Dr. Hardt: Zum Teil schon. Jede Golfanlage gehört aus den bereits genannten Gründen ja schon zu den Naturschützern. Viele sind darüber hinaus in puncto Umweltschutz aktiv: Sie lassen, wie zum Beispiel der Mainzer Golfclub, Flächen ungemäht, um seltenen Orchideen Raum zu geben, oder haben, wie zum Beispiel der Golfclub Lauterhofen, Bienenstöcke auf ihrer Anlage. Immer mehr Anlagen erkennen, dass sie mit dem Thema Umweltschutz imagemäßig punkten können. Rund 180 Clubs bundesweit beteiligen sich zum Beispiel an dem DGV-Umweltprogramm „GOLF&NATUR“, einem Unternehmenskonzept für den ordnungsgemäßen, nachhaltigen und umweltgerechten Betrieb ihrer Anlage. Qualitativ optimale Bedingungen für den Golfsport mit dem größtmöglichen, standortgerechten Schutz der Natur zu verbinden und dem Golfer zu vermitteln, in welcher Landschaft er spielt – das ist das Ziel.
VcG: Sind der Golfsport und der Naturschutz denn überhaupt zu vereinen? Viele Golfspieler erwarten doch top-gepflegte Anlagen ...
Dr. Hardt: Das ist ein steiniger Weg. Viele wollen Natur, wissen aber gar nicht mehr, was das eigentlich ist. Sie wollen sattes Grün und, typisch deutsch, alles soll ordentlich und gepflegt aussehen. Bei einem reduziertem Pestizid- und Wassereinsatz muss man sich aber daran gewöhnen, dass ein Grün auch ohne diese Farbe hart, gesund und treu sein kann. Generell wird auf einem Golfplatz nur ein Bruchteil der Menge des Düngers und Pflanzenschutzmittels verwendet, die für eine landwirtschaftlich betriebene Fläche eingesetzt wird. Wir setzen hier auf den integrierten Pflanzenschutz. Fremdpflanzen werden mit der Hand ausgestochen, bestimmte Grassorten gesät, die eine oder andere Pilzerkrankung des Grüns akzeptiert.
VcG: Worin besteht die Herausforderung?
Dr. Hardt: Die große Herausforderung ist es, die Club-Verantwortlichen und Mitglieder aufzuklären und davon zu überzeugen, dass wir in einer Landschaft spielen, die wir bewahren und standortgerecht fördern wollen. Das bedeutet, dass ein toter Baum oder Holzhaufen auf der Anlage ebenso wenig ein Ärgernis ist wie das Unkraut in den Fugen der Clubterrasse. Die Golfer müssen umdenken! Es muss nicht alles perfekt aussehen.
VcG: Hat eine Auszeichnung wie das DGV-Ökozertifikat für die Mitglieder der Anlage eine Relevanz?
Dr. Hardt: Nicht unmittelbar. Wichtig ist, dass der Club den Umweltschutz lebt, zum Beispiel eine Streuobstwiese anlegt oder die Wildbienen fördert, und das auch kommuniziert, wie es zum Beispiel der GC Lauterhofen gerade getan hat: Auf dem Gelände des Golfclubs wird ein Schuttberg in ein Biotop für Schmetterlinge, Wildbienen, Wespen und Eidechsen verwandelt. Eine Idee, die der Bayerische Golfverband jüngst mit dem Allianz Umweltpreis ausgezeichnet hat und die in den regionalen Medien Beachtung fand. Umweltschutzmaßnahmen, besondere Arten und Aktionen auf der Anlage oder das DGV-Ökozertifikat – das alles sind ideale Themen für die interne und externe Clubkommunikation. Viele Golfanlagen haben so tolle Sachen und keiner weiß es.
VcG: Warum ist die Kommunikation so wichtig?
Dr. Hardt: Tue Gutes und rede darüber, dann ist es leichter, Golfer für den aktiven Umweltschutz zu begeistern, Ängste, zum Beispiel vor Wildbienen, abzubauen, den Stolz der Mitglieder zu wecken, sie zu Botschaftern und Fürsprechern zu machen. Wir als Impulsgeber können dem Club nur die Bausteine und best practice-Beispiele geben. Daraus etwas machen muss er selbst.
VcG: Der Golfsport wird immer noch sehr kritisch beäugt. Haben Golfanlagen-Betreiber überhaupt eine Lobby bei Naturschutzverbänden?
Dr. Hardt: Es ist schwierig, aber viele erkennen: Die Golfer haben die Fläche, die Naturschutzverbände das Know-how – Golf und Naturschutz, das ist die perfekte Symbiose. Die Clubs müssen das Thema Umweltschutz nur noch strategischer nutzen, sprich mit den Kommunen, Naturschutzverbänden, heimischen Imkern und Behörden die Zusammenarbeit suchen.
VcG: Blicken Sie optimistisch in die Zukunft?
Dr. Hardt: Ja, ich finde, Umweltschutz und Umweltbildung zählen zu den wichtigsten Aufgaben heutzutage und Golfanlagen bergen ein enormes Potenzial. Naturkundliche Führungen, Biologie-Unterricht auf dem Golfplatz und ähnliche Aktionen, es gibt für den Club viele Möglichkeiten, neue Zielgruppen zu erschließen und an seinem Image zu feilen. Das braucht Zeit und Botschafter, die dahinterstehen. Fakt ist: Wer das Thema Umweltschutz aktiv in seine Clubpolitik und Kommunikation einbindet, ist für die Zukunft gut aufgestellt.
VcG: Vielen Dank für das Gespräch!
Schon gewusst?
Die Golfplätze in Deutschland erstrecken sich über eine Fläche von 48.000 Hektar. Sie binden 500.000 Tonnen Staub pro Jahr. Ein 18-Löcher-Golfplatz produziert Sauerstoff für 7.000 Menschen. Ein Golfplatz gilt laut Gesetz als öffentliche Fläche und unterliegt beim Pflanzenschutzmitteleinsatz strengen Vorgaben. Bis zu 60 Prozent der Fläche eines Golfplatzes bestehen aus naturbelassener Fläche. Zur Düngung eines Golfplatzes sind rund 70 Prozent weniger Stickstoff, 76 Prozent weniger Kali, 86 Prozent weniger Phosphat und 90 Prozent weniger Pflanzenschutzmittel als für eine landwirtschaftliche Fläche nötig. Quelle: „Grüner Motor“ in golf spielen 3/2016