Das Magazin für clubfreie Golfer:innen
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Auch ohne Augenlicht aktiver Golfer: Bernd Walsch
Bild: VcG
30.10.2024 / Interview
Blickpunkt Blindengolf
„Nicht weinen, weiterschlagen!“ – die Worte seines Pros Alan Clarke hat Bernd Walsch längst verinnerlicht: Der leidenschaftliche Golfspieler war bis 2001 sehend, erblindete dann jedoch schleichend bis zur Vollblindheit 2014.
Autor:in: Imke Ulrich
Doch das war und ist für den ehemaligen Kunstturner wahrlich kein Grund, die Golfschläger in die Ecke zu stellen. Im Gegenteil! Heute ist der vierfache Deutsche Meister in der Kategorie: „Blind“ unermüdlich im Einsatz für mehr Inklusion im Golfsport. Er weiß: „Jeder von uns kann von einer Sekunde auf die andere zu den Menschen mit Einschränkungen gehören!“ Was dahintersteckt, haben wir von dem 70-Jährigen erfahren, auch am eigenen Leib ...
Herr Walsch, Sie sind 1990 als 36-Jähriger mit dem Golfsport in Kontakt gekommen und seit 1993 Mitglied im brandenburgischen Golfclub Kallin. Wäre nach Ihrer Erblindung nicht ein anderer Sport attraktiver für Sie gewesen?
Nein, das war und ist keine Option. Die Erblindung spornt mich eher an. Ich will wissen, was ich noch erreichen kann! Aufgrund einer Autoimmunerkrankung bin ich 2001 sehbehindert geworden, konnte den Ball aber noch am Boden sehen, die Augen hatten dadurch einen Halt. Der Übergang zur Vollblindheit 2014 änderte alles brutal … aber heute golfe ich besser als vorher.
Wie ist das zu verstehen?
Nun, technisch bin ich definitiv besser als je zuvor, denn ich bin gezwungen, präziser zu spielen, sauber zu schwingen, das Gefühl für die Länge, den Ball und die Bewegung zu optimieren. Ich trainiere jeden Tag, um gute Schläge zu automatisieren, auch zu Hause und im Urlaub, und habe mir dazu verschiedene Übungen zum Beispiel mit einem Planschbecken oder Kronkorken erdacht. Blinde brauchen immer ganz genaue Abläufe ohne Wenn und Aber. Nach 10.000 Wiederholungen ist die Feinmotorik programmiert und die Verschiebungen des Sweetspots halten sich in Grenzen. Ich bin extrem ehrgeizig. Schlecht zu spielen ist eine Katastrophe für mich. Ich stelle mich immer morgens nach meiner täglichen Gymnastik auf ein Bein und wenn das längere Zeit klappt, weiß ich, dass es heute gut wird!
Haben Sie denn ein bestimmtes golferisches Ziel?
In der Tat. Ich bin heilfroh, die für mich richtigen Methoden gefunden zu haben, um auf das jetzige Spielniveau zu kommen. Seit circa zwei Jahren spiele ich auf der 9-Loch-Runde wieder mein HCPI von 28,3 und bin in der Lage, jedes Green einen Schlag unter Par zu erreichen. HCPI 18, konstant einen Schlag unter Par und nur zwei Putts pro Grün zu schaffen wäre toll, bevor Elke aufs Altenteil geht (lacht).
Elke, Ihre Frau?
Nein, Elke Burmann ist mein Trainingscaddy und seit 18 Jahren meine Büromitarbeiterin, ich bin selbstständiger Unternehmer. Seit zehn Jahren begleitet sie mich beim Golfen. Perspektivisch wollen wir auch RPR- und 18-Löcher-Runden spielen, aber noch nicht Turniere oder mit größeren Flights. Den Stress kann ich ihr nicht zumuten. Das Training ist schon harte Arbeit.
Herr Walsch, Sie sind 1990 als 36-Jähriger mit dem Golfsport in Kontakt gekommen und seit 1993 Mitglied im brandenburgischen Golfclub Kallin. Wäre nach Ihrer Erblindung nicht ein anderer Sport attraktiver für Sie gewesen?
Nein, das war und ist keine Option. Die Erblindung spornt mich eher an. Ich will wissen, was ich noch erreichen kann! Aufgrund einer Autoimmunerkrankung bin ich 2001 sehbehindert geworden, konnte den Ball aber noch am Boden sehen, die Augen hatten dadurch einen Halt. Der Übergang zur Vollblindheit 2014 änderte alles brutal … aber heute golfe ich besser als vorher.
Wie ist das zu verstehen?
Nun, technisch bin ich definitiv besser als je zuvor, denn ich bin gezwungen, präziser zu spielen, sauber zu schwingen, das Gefühl für die Länge, den Ball und die Bewegung zu optimieren. Ich trainiere jeden Tag, um gute Schläge zu automatisieren, auch zu Hause und im Urlaub, und habe mir dazu verschiedene Übungen zum Beispiel mit einem Planschbecken oder Kronkorken erdacht. Blinde brauchen immer ganz genaue Abläufe ohne Wenn und Aber. Nach 10.000 Wiederholungen ist die Feinmotorik programmiert und die Verschiebungen des Sweetspots halten sich in Grenzen. Ich bin extrem ehrgeizig. Schlecht zu spielen ist eine Katastrophe für mich. Ich stelle mich immer morgens nach meiner täglichen Gymnastik auf ein Bein und wenn das längere Zeit klappt, weiß ich, dass es heute gut wird!
Haben Sie denn ein bestimmtes golferisches Ziel?
In der Tat. Ich bin heilfroh, die für mich richtigen Methoden gefunden zu haben, um auf das jetzige Spielniveau zu kommen. Seit circa zwei Jahren spiele ich auf der 9-Loch-Runde wieder mein HCPI von 28,3 und bin in der Lage, jedes Green einen Schlag unter Par zu erreichen. HCPI 18, konstant einen Schlag unter Par und nur zwei Putts pro Grün zu schaffen wäre toll, bevor Elke aufs Altenteil geht (lacht).
Elke, Ihre Frau?
Nein, Elke Burmann ist mein Trainingscaddy und seit 18 Jahren meine Büromitarbeiterin, ich bin selbstständiger Unternehmer. Seit zehn Jahren begleitet sie mich beim Golfen. Perspektivisch wollen wir auch RPR- und 18-Löcher-Runden spielen, aber noch nicht Turniere oder mit größeren Flights. Den Stress kann ich ihr nicht zumuten. Das Training ist schon harte Arbeit.
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Verstehen sich blind: B. Walsch und E. Burmann
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E. Burmann platziert den Ball und korrigiert die Ausrichtung
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Fröhlicher Begleiter: Schlägerhaube "Otto" mit Blindenbinde und Blindenstock
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Wie schwer es ist, blind den Ball zu treffen, spürte VcG-Mitarbeiterin Imke Ulrich am eigenen Leib
Wie funktioniert denn das Training?
Elke ist keine Golferin, aber heute eine Golfexpertin. Wir haben uns über die Jahre entwickelt, alles zusammen erarbeitet: Sie beschreibt mir die landschaftlichen, golferischen und wetterbedingten Herausforderungen, kurzum alles, wie ein Hörspiel. Und sie weiß mittlerweile genau, wie sie mich am Schläger zum Ball führen muss und wie sie Entfernungen mit dem Laser genau nachmisst. Sie platziert den Ball vor mir, kontrolliert meine Ausrichtung, gibt mir den Schläger. Welchen ich spiele, entscheide aber immer ich, auch die Taktik! Meine Schläger haben alle Seniorenschäfte und die Länge eines Eisen 8. Damit komme ich am besten zurecht. Durch den Reminder am Griff spüre ich, ob das Blatt square steht. Anfangs haben wir uns von einer Sattlerei Griffe mit eingestanzten Löchern als Tasthilfe anfertigen lassen, aber das ist jetzt nicht mehr nötig.
Arbeiten Sie auch mit akustischen Signalen?
Nein, die sind zu unpräzise. Elke beschreibt mir verbal, wie der Ball geflogen und wo er gelandet ist. In der Regel höre oder spüre ich, ob ich den Sweetspot getroffen habe oder beim Putten das Tempo stimmt. Elke richtet den Putter aus und ich konzentriere mich nur auf die Geschwindigkeit. Für kurze Par 3 und die Fairway-Längen nutze ich das Hybrid, um möglichst 130 Meter Länge zu erzielen. Bei den vollen Schlägen ist mir ein sicherer Schlag wichtiger als 10 oder 20 Meter mehr Weite. Mit dem Driver schaffe ich jetzt bis zu 165 Meter. Dann gehen wir mit dem Pitch auf die maximale Länge von 90, liegen aber oft zwischen 50 bis 80 Meter vor dem Grün, müssen also auch die Zwischenlängen trainieren. Beim Training auf der Range fangen wir möglichst mit dem Sandwedge an und tasten uns mit lockeren Schlägen auf circa 75 Meter. Wir sind ein eingespieltes Team, freuen uns gemeinsam oder gehen zusammen durchs „Tal der Tränen“, wenn es nicht läuft, diskutieren alles aus, streiten aber nie und haben unsere Rituale und Zeichen.
Rituale und Zeichen – verraten Sie uns zwei, drei?
Nun, ich spiele den Ball grundsätzlich nicht, wenn Elke nicht „Fertig!“ oder „Du kannst!“ gesagt hat. Zu groß ist meine Angst, jemanden beim Ausholen zu verletzen. Und wenn ich nicht optimal stehe, drückt sie mir auf den Zeh. Dann weiß ich, dass ich die Stellung dieses Fußes ändern soll.
Was ist für Sie besonders wichtig?
Ich muss wissen, ob der Ball ober- oder unterhalb bergauf oder bergab liegt, ob er sauber obenauf oder eingedrückt auf mich wartet, ob der Schlag durch etwas behindert wird und ob es überhängende Äste gibt, die mich beim Probeschwingen erschrecken könnten. Ich spiele grundsätzlich vom roten Abschlag. Das haben wir auch früher schon bei Behindertenturnieren für alle Spielenden, die das wollten, zugelassen - das kostet mich auf meinem Trainingsplatz zwei Punkte am HCPI und ein Par 5 wird zum Par 4. Ich habe deshalb auf 9 Loch nur 13 Schläge vor.
Spielen Sie ausschließlich im GC Kallin?
Ja, die Anlage kenne ich noch aus meiner sehenden Zeit und habe ihre Herausforderungen vor meinem inneren Auge. Und Elke weiß hier, wie sie laufen muss. Schräge Lagen sind schwierig für mich, Wasser nicht. Das sehe ich ja nicht! Sehr störend für meine Konzentration und die Gefühlswelt, in der ich beim Golfen bin, können Greenkeeper-Geräusche sein. Ich bin gerade 70 Jahre alt geworden und beruflich um die fünf Stunden am Tag eingespannt. Da bleibt immer Zeit für eine Golftrainingsstunde. Dienstags und donnerstags gehen Elke (oder manchmal auch meine Frau) und ich Bahnen, mittwochs findet immer das Inklusionstraining mit Alan Clarke und um die 14 Teilnehmenden statt.
Vermutlich durch Sie initiiert?
Ja, als „Handicapped Captain“, sprich Inklusionsbeauftragter, ein Begriff, den übrigens der Münchner Journalist Friedrich Bräuninger prägte, bin ich seit 2015 beim GC Kallin nicht nur der Ansprechpartner für alle Nachfragen von Menschen mit Beeinträchtigungen, sondern kümmere mich auch darum, das Golfen für sie möglich zu machen, zum Beispiel durch das wöchentliche inklusive Training, eine barrierefreie Toilette im Clubhaus etc. Der Inklusionsbeauftragte sollte zum Beispiel auch darauf achten, dass Defibrillatoren, Ersthelfer:innen, optimale Rettungswege etc. vorhanden sind. Dies ist genau wie Empathie bei diesem Amt sehr wichtig.
Ist Inklusion ein großes Thema im Golfsport?
Auf jeden Fall. Durch die UN-Behindertenrechtskonvention ist in den letzten Jahren politisch unterstützt viel in Bewegung gekommen. Die Akzeptanz hat sehr zugenommen. Golfende mit Behinderungen sind aus den Clubs nicht mehr wegzudenken. Es sind viele Einzelinitiativen in Deutschland zu finden. Golfanlagen wie zum Beispiel Haxterpark Paderborn oder der GC Lilienthal engagieren sich sehr. Es gibt auf zahlreichen Golfanlagen bereits Ansprechpartner für Inklusionsfragen, die Golfregeln wurden angepasst und der DGV hat ein Serviceportal eingerichtet. Wir sind auf dem Weg, aber es geht „3 Schritte vor und 2 zurück und doch vorwärts“ – wie bei der Echternacher Springprozession.
Der blinden Tiroler Golf-Weltmeisterin Karin Becker zufolge ist Golf eine der wenigen Sportarten, bei der Inklusion gelebt werden kann – sehen Sie das auch so?
Ja, der große Vorteil ist, dass der Ball beim Golfen ruht und keine schnelle Reaktion erfordert. Dadurch können auch Menschen mit Beeinträchtigungen golfen und dank des HCPIs mit anderen zusammenspielen. Übrigens ist das nicht nur für Menschen mit Beeinträchtigungen wichtig: Auch ältere Menschen haben zwangsläufig immer mehr Zipperlein.
Das stimmt, aber worauf wollen Sie hinaus?
Nun, wenn die Clubs sich dessen bewusst sind und darauf Rücksicht nehmen, fühlen sich auch ältere Clubmitglieder ebenso wie Menschen mit Beeinträchtigungen beim Golfen wohl und bleiben nicht irgendwann, zum Beispiel aus Scham, weg. Das Drumherum muss passen, der Druck rausgenommen werden.
Wie soll das gehen?
Zum Beispiel durch leistungsfreie Spielmöglichkeiten, durch die ALLE den Sport ausüben können! Traumatisierte Soldat:innen, Reha-Patient:innen – golfen kann Beeinträchtigten aller Art wieder Halt geben. Mit meinem „Büro für Inklusion und Zukunftsprojekte im Golfsport“, dem BIZ, und in anderen Organisationen, unter anderem dem Behinderten Golfclub Deutschland, kurz BGC, engagiere ich mich seit Jahren für die Inklusion im Golfsport. Wer von meiner Erfahrung profitieren möchte, kann mich gerne anrufen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Zur Info: Aktuellen Angaben von Destatista zufolge gibt es 334.600 Sehbehinderte bundesweit. 66.245 Personen sind aufgrund einer Blindheit oder des Verlustes beider Augen als schwerbehindert anerkannt. Es gibt keine Meldepflicht bei Schwerbehinderungen, die reale Anzahl der betroffenen Personen in Deutschland liegt also vermutlich höher. Gesundheitsdaten werden auch nicht in Golfanlagen erhoben oder festgehalten. Es ist deshalb auch keine Aussage darüber möglich, wie viele blinde Golfer:innen es generell bundesweit gibt. An Turnieren der European Disabled Golf Association (EDGA) haben etwas weniger als 100 Spieler:innen mit Sehbeeinträchtigung in den letzten zwei Jahren teilgenommen, darunter zwei deutsche Spieler. In der International Blind Golf Association (IBGA) sind 21 Länder mit 600 registrierten blinden Spieler:innen weltweit vertreten.
Elke ist keine Golferin, aber heute eine Golfexpertin. Wir haben uns über die Jahre entwickelt, alles zusammen erarbeitet: Sie beschreibt mir die landschaftlichen, golferischen und wetterbedingten Herausforderungen, kurzum alles, wie ein Hörspiel. Und sie weiß mittlerweile genau, wie sie mich am Schläger zum Ball führen muss und wie sie Entfernungen mit dem Laser genau nachmisst. Sie platziert den Ball vor mir, kontrolliert meine Ausrichtung, gibt mir den Schläger. Welchen ich spiele, entscheide aber immer ich, auch die Taktik! Meine Schläger haben alle Seniorenschäfte und die Länge eines Eisen 8. Damit komme ich am besten zurecht. Durch den Reminder am Griff spüre ich, ob das Blatt square steht. Anfangs haben wir uns von einer Sattlerei Griffe mit eingestanzten Löchern als Tasthilfe anfertigen lassen, aber das ist jetzt nicht mehr nötig.
Arbeiten Sie auch mit akustischen Signalen?
Nein, die sind zu unpräzise. Elke beschreibt mir verbal, wie der Ball geflogen und wo er gelandet ist. In der Regel höre oder spüre ich, ob ich den Sweetspot getroffen habe oder beim Putten das Tempo stimmt. Elke richtet den Putter aus und ich konzentriere mich nur auf die Geschwindigkeit. Für kurze Par 3 und die Fairway-Längen nutze ich das Hybrid, um möglichst 130 Meter Länge zu erzielen. Bei den vollen Schlägen ist mir ein sicherer Schlag wichtiger als 10 oder 20 Meter mehr Weite. Mit dem Driver schaffe ich jetzt bis zu 165 Meter. Dann gehen wir mit dem Pitch auf die maximale Länge von 90, liegen aber oft zwischen 50 bis 80 Meter vor dem Grün, müssen also auch die Zwischenlängen trainieren. Beim Training auf der Range fangen wir möglichst mit dem Sandwedge an und tasten uns mit lockeren Schlägen auf circa 75 Meter. Wir sind ein eingespieltes Team, freuen uns gemeinsam oder gehen zusammen durchs „Tal der Tränen“, wenn es nicht läuft, diskutieren alles aus, streiten aber nie und haben unsere Rituale und Zeichen.
Rituale und Zeichen – verraten Sie uns zwei, drei?
Nun, ich spiele den Ball grundsätzlich nicht, wenn Elke nicht „Fertig!“ oder „Du kannst!“ gesagt hat. Zu groß ist meine Angst, jemanden beim Ausholen zu verletzen. Und wenn ich nicht optimal stehe, drückt sie mir auf den Zeh. Dann weiß ich, dass ich die Stellung dieses Fußes ändern soll.
Was ist für Sie besonders wichtig?
Ich muss wissen, ob der Ball ober- oder unterhalb bergauf oder bergab liegt, ob er sauber obenauf oder eingedrückt auf mich wartet, ob der Schlag durch etwas behindert wird und ob es überhängende Äste gibt, die mich beim Probeschwingen erschrecken könnten. Ich spiele grundsätzlich vom roten Abschlag. Das haben wir auch früher schon bei Behindertenturnieren für alle Spielenden, die das wollten, zugelassen - das kostet mich auf meinem Trainingsplatz zwei Punkte am HCPI und ein Par 5 wird zum Par 4. Ich habe deshalb auf 9 Loch nur 13 Schläge vor.
Spielen Sie ausschließlich im GC Kallin?
Ja, die Anlage kenne ich noch aus meiner sehenden Zeit und habe ihre Herausforderungen vor meinem inneren Auge. Und Elke weiß hier, wie sie laufen muss. Schräge Lagen sind schwierig für mich, Wasser nicht. Das sehe ich ja nicht! Sehr störend für meine Konzentration und die Gefühlswelt, in der ich beim Golfen bin, können Greenkeeper-Geräusche sein. Ich bin gerade 70 Jahre alt geworden und beruflich um die fünf Stunden am Tag eingespannt. Da bleibt immer Zeit für eine Golftrainingsstunde. Dienstags und donnerstags gehen Elke (oder manchmal auch meine Frau) und ich Bahnen, mittwochs findet immer das Inklusionstraining mit Alan Clarke und um die 14 Teilnehmenden statt.
Vermutlich durch Sie initiiert?
Ja, als „Handicapped Captain“, sprich Inklusionsbeauftragter, ein Begriff, den übrigens der Münchner Journalist Friedrich Bräuninger prägte, bin ich seit 2015 beim GC Kallin nicht nur der Ansprechpartner für alle Nachfragen von Menschen mit Beeinträchtigungen, sondern kümmere mich auch darum, das Golfen für sie möglich zu machen, zum Beispiel durch das wöchentliche inklusive Training, eine barrierefreie Toilette im Clubhaus etc. Der Inklusionsbeauftragte sollte zum Beispiel auch darauf achten, dass Defibrillatoren, Ersthelfer:innen, optimale Rettungswege etc. vorhanden sind. Dies ist genau wie Empathie bei diesem Amt sehr wichtig.
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Ready to pitch (Foto: VcG)
Ist Inklusion ein großes Thema im Golfsport?
Auf jeden Fall. Durch die UN-Behindertenrechtskonvention ist in den letzten Jahren politisch unterstützt viel in Bewegung gekommen. Die Akzeptanz hat sehr zugenommen. Golfende mit Behinderungen sind aus den Clubs nicht mehr wegzudenken. Es sind viele Einzelinitiativen in Deutschland zu finden. Golfanlagen wie zum Beispiel Haxterpark Paderborn oder der GC Lilienthal engagieren sich sehr. Es gibt auf zahlreichen Golfanlagen bereits Ansprechpartner für Inklusionsfragen, die Golfregeln wurden angepasst und der DGV hat ein Serviceportal eingerichtet. Wir sind auf dem Weg, aber es geht „3 Schritte vor und 2 zurück und doch vorwärts“ – wie bei der Echternacher Springprozession.
Der blinden Tiroler Golf-Weltmeisterin Karin Becker zufolge ist Golf eine der wenigen Sportarten, bei der Inklusion gelebt werden kann – sehen Sie das auch so?
Ja, der große Vorteil ist, dass der Ball beim Golfen ruht und keine schnelle Reaktion erfordert. Dadurch können auch Menschen mit Beeinträchtigungen golfen und dank des HCPIs mit anderen zusammenspielen. Übrigens ist das nicht nur für Menschen mit Beeinträchtigungen wichtig: Auch ältere Menschen haben zwangsläufig immer mehr Zipperlein.
Das stimmt, aber worauf wollen Sie hinaus?
Nun, wenn die Clubs sich dessen bewusst sind und darauf Rücksicht nehmen, fühlen sich auch ältere Clubmitglieder ebenso wie Menschen mit Beeinträchtigungen beim Golfen wohl und bleiben nicht irgendwann, zum Beispiel aus Scham, weg. Das Drumherum muss passen, der Druck rausgenommen werden.
Wie soll das gehen?
Zum Beispiel durch leistungsfreie Spielmöglichkeiten, durch die ALLE den Sport ausüben können! Traumatisierte Soldat:innen, Reha-Patient:innen – golfen kann Beeinträchtigten aller Art wieder Halt geben. Mit meinem „Büro für Inklusion und Zukunftsprojekte im Golfsport“, dem BIZ, und in anderen Organisationen, unter anderem dem Behinderten Golfclub Deutschland, kurz BGC, engagiere ich mich seit Jahren für die Inklusion im Golfsport. Wer von meiner Erfahrung profitieren möchte, kann mich gerne anrufen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Zur Info: Aktuellen Angaben von Destatista zufolge gibt es 334.600 Sehbehinderte bundesweit. 66.245 Personen sind aufgrund einer Blindheit oder des Verlustes beider Augen als schwerbehindert anerkannt. Es gibt keine Meldepflicht bei Schwerbehinderungen, die reale Anzahl der betroffenen Personen in Deutschland liegt also vermutlich höher. Gesundheitsdaten werden auch nicht in Golfanlagen erhoben oder festgehalten. Es ist deshalb auch keine Aussage darüber möglich, wie viele blinde Golfer:innen es generell bundesweit gibt. An Turnieren der European Disabled Golf Association (EDGA) haben etwas weniger als 100 Spieler:innen mit Sehbeeinträchtigung in den letzten zwei Jahren teilgenommen, darunter zwei deutsche Spieler. In der International Blind Golf Association (IBGA) sind 21 Länder mit 600 registrierten blinden Spieler:innen weltweit vertreten.