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Gern im Grünen: Golfplatzplaner Achim Reinmuth
Gern im Grünen: Golfplatzplaner Achim Reinmuth Bild: VcG
10.04.2024 / Interview

Der Golfdenker

Ins Gras beißt er noch lange nicht, das Grün ist ein wichtiger Bestandteil seines Lebens: Achim Reinmuth, Golfplatz- und Landschaftsarchitekt aus Leidenschaft, denkt Golf jeden Tag neu.
 
 

Autor:in: Imke Ulrich
Lesedauer 8 MIN
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Warum er keine Luftschlösser, sondern weltweit Golfanlagen konzipiert und realisiert und was dabei alles zu berücksichtigen ist, das hat uns der 51-jährige gebürtige Offenburger im Interview verraten.
 
Herr Reinmuth, Sie sind Mitinhaber von „Städler & Reinmuth Golfdesign“, Deutschlands größtem Golfplatzplanungsbüro – und in puncto ökologischer, sozialer und wirtschaftlicher Nachhaltigkeit alles andere als grün hinter den Ohren, wie Ihre Vita* zeigt. Wir werden noch darüber sprechen. Doch zunächst interessiert uns Ihr Beruf: Was unterscheidet den Golfplatzdesigner vom Golfplatzarchitekten?
 
Reinmuth: Im Unterschied zum Golfplatzdesigner hat der Golfplatzarchitekt ein abgeschlossenes Studium der Landschaftsarchitektur und ist berechtigt, Bauanträge für Golfplatzprojekte einzureichen sowie deren Realisierung zu beaufsichtigen. Dazu gehört auch das Einholen von Angeboten, die Abstimmungen mit Behörden und Gewerken, die Baustellenleitung. Dies macht einen Großteil meiner Arbeit aus!
 
55 Neuanlagen von Golfplätzen bzw. 822 neue Golfbahnen hat Ihr Büro schon realisiert, über 135 bestehende Plätze renoviert bzw. re-designt – gibt es für Sie in Deutschland überhaupt noch viel zu tun?
 
(lacht) Nun, der Markt in Westdeutschland ist relativ gesättigt, aber in den neuen Bundesländern sowie über Deutschlands Grenzen hinaus gibt es viele spannende Projekte für uns. Neuanlagen sind natürlich immer besonders schön, da man alles von Grund auf neu konzipiert, aber auch die Arbeit an einer bestehenden Anlage kann sehr herausfordernd für unser dreiköpfiges Team sein.

Achim Reinmuth erklärt VcG-Mitarbeiterin Imke Ulrich das Biarritz-Grün im GC Münster-Tinnen (Foto: VcG)
Achim Reinmuth erklärt VcG-Mitarbeiterin Imke Ulrich das Biarritz-Grün im GC Münster-Tinnen (Foto: VcG)

 
Wie gehen Sie ein neues Projekt an?
 
Zunächst schaue ich mir die Luftaufnahmen des Geländes an. Daraus erkennt man immer schon sehr viel. Zudem ist es wichtig, genau herauszufinden, was der Bauherr möchte, ihn zu beraten, welche Art von Anlage für welche Zielgruppe oder was für ein Re-Design er im Auge hat, mit ihm die Idee zu präzisieren …
 
Das stelle ich mir mitunter heikel vor …
 
In der Tat, hier ist psychologisches Geschick gefragt und ein hohes Maß an Flexibilität und Kompromissbereitschaft. Aber um an Ihre vorherige Frage anzuknüpfen: Zur Planung gehört auch eine Standortanalyse. Letztere wurde übrigens früher oft nicht gemacht. Das sind die Projekte, die jetzt zur Überarbeitung kommen. Generell ist zu schauen: Wie sieht es aus in puncto Geländeverfügbarkeit, Finanzen, Genehmigungen? Das sind die Klippen. Und ich lasse die Topographie auf mich wirken: Gibt es Strukturen, die, vor allem auch beim Re-Design von Anlagen, integriert werden sollten oder wie schaffen wir neue Strukturen, die die Bahnen natürlich wirken lassen?
 
Alles sehr komplex, wie ich finde. Was bedeutet das mit den Strukturen, die Sie gerade erwähnten?
 
Also, wenn sich zum Beispiel eine Anlage in einer Heide-Landschaft befindet, dann sollte diese Pflanze idealerweise auch ein signifikanter Bestandteil des Platzdesigns sein. Beim Hamburger Golf-Club Falkenstein ist es zum Beispiel perfekt gelöst: Die umgebende Heide- und Kiefernlandschaft wurde in die Anlage integriert und diese dennoch abwechslungsreich und spannend konzipiert. Wenn es natürlich aussieht, so als wäre die Anlage schon immer da gewesen, ist es das Beste. Es geht darum, das Besondere der Landschaft zu finden und zu betonen und gleichzeitig den Fokus darauf liegen zu lassen, eine interessante Sportstätte zu schaffen.
 
Was zeichnet eine gute Planung aus?
 
Die größte Herausforderung besteht darin, unter Berücksichtigung der Standortgegebenheiten sowie der Wünsche und Finanzen des Auftraggebers einen Platz zu konzipieren, der nicht nur zur Landschaft passt, sondern der auch allen HCPI-Klassen Spaß macht. Das ist uns sehr wichtig. Die meisten Golfenden haben einen HCPI von 28 oder schlechter, aber es gibt auch bessere – und die dürfen wir nicht vernachlässigen.

Seit 1999 als Golfplatzarchitekt aktiv: Achim Reinmuth (Foto: VcG)
Seit 1999 als Golfplatzarchitekt aktiv: Achim Reinmuth (Foto: VcG)

 
Was ist noch ein Merkmal Ihrer Konzeptionen?
 
Unsere Anlagen sehen nicht künstlich aus. Die Illusion, in der Natur zu spielen, wird aufrechtgehalten. Zudem darf es nicht passieren, dass Spielende, egal welcher Spielstärke, eine Bahn als unspielbar auslassen. Auftraggebende wünschen sich zum Beispiel oft ein Inselgrün. Das kann man machen, aber dann bitte so, dass es für alle Golfenden eine lösbare Aufgabe ist, eine Herausforderung, die anzugehen Spannung und Freude bereitet. Das gilt auch für die Länge der Bahnen.
 
Was halten Sie davon, dass die Bahnen und Schlagweiten in den letzten Jahren immer länger geworden sind?
 
Wenig, ehrlich gesagt. Als Golfplatzarchitekt plädiere ich dafür, die Länge zu begrenzen. Das kann so nicht weitergehen. Wenn die Bälle immer weiterfliegen, stimmt das ganze Konzept nicht mehr. Die Hindernisse liegen falsch, die Spielfreude wird beeinträchtigt. Es geht beim Golfen nicht nur um Weite, sondern auch um Strategie, Taktik und Präzision!
 
Muss ein Golfplatzarchitekt, eine -architektin zwingend auch ein guter Golfer, eine gute Golferin sein? Sie selbst haben ein einstelliges HCPI …
 

Ja, das haben wir alle hier im Büro und es macht Sinn, denn nur so können wir das Ganze auch durch die Augen eines sehr guten Golfenden sehen und beurteilen.                                                                       
 
Können Sie denn überhaupt entspannt Golf spielen, ohne die Anlage gleich aus beruflicher Sicht zu begutachten?
 
(schmunzelt) Na ja, man überlegt natürlich schon, was man selbst besser gemacht hätte, aber es geht. Ich denke jeden Tag Golf – wenn ich dann tatsächlich auch mal spiele, bin ich sehr fokussiert!
 
Liegt der Fokus der Auftraggeber:innen heute auf anderen Dingen als noch vor zehn Jahren?
 
Ja, das Bewusstsein hat sich geschärft: Golfanlagen werden heute gemanagt, sprich viel unternehmerischer geführt, auch zum Beispiel mit mehr Sensibilität für personelle Ressourcen. Statt wie früher wahllos viele Bunker zu platzieren, wird heute zum Beispiel der entstehende Pflegeaufwand mitbedacht und berücksichtigt, wie dieser personell oder maschinell geleistet werden kann. Wer die unternehmerische Entscheidung dazu trifft, agiert heute ressourcenschonender und nach der Anfangsinvestition im Nachhinein rentabler, wirtschaftlich nachhaltiger.

Der Biotopentwicklungsplan legt fest, wie die Anlage zu pflegen ist (Foto: VcG)
Der Biotopentwicklungsplan legt fest, wie die Anlage zu pflegen ist (Foto: VcG)

 
Wenn ich mich als Anlagenbetreiber:in oder -erbauer:in dazu entscheide, welche Möglichkeiten habe ich denn?
 
Wenn man nachhaltig wirtschaften möchte, gibt es heute sehr viele Möglichkeiten: Ich kann zum Beispiel eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach des Betriebshofes oder Clubhauses oder auf Schwimmpontons in einem Teich installieren oder Pflanzen und Grassorten mit hoher Wasserhaltefähigkeit wählen, die Grüns anders aufbauen, bei der Planung der Bepflanzung den Schattenwurf berücksichtigen und so weiter. Zudem kann ich einen Biotopmanagement-Plan erstellen, der anzeigt, wo und wann Gehölze weggenommen oder stehengelassen werden sollen, Speicherteiche anlegen, entweder im Spiel oder aber am Rand des Geländes, entsalztes Meeres- oder Grauwasser aus Kläranlagen für die Beregnung nutzen – alles immer abhängig vom Standort. Viele Auftraggeber:innen legen jetzt auch mehr Wert auf ein kluges Wassermanagement und dieses ist auch für das Greenkeeping ein immer wichtigeres Thema.
 
In Zeiten des Klimawandels sicherlich eine gute Idee.
 
Ja, wir Golfplatzarchitekten geben die Werkzeuge an die Hand, können, jetzt bezogen auf das Wasserthema, zum Beispiel eine effektive dreireihige Beregnung der Fairways, optimal planen, im laufenden Betrieb kommt es dann aber auf die Menschen vor Ort an: die Greenkeeper:innen. Viele drehen heute nicht mehr einfach die Regler auf, sondern messen zunächst die Bodenfeuchte und bewässern mit System und nur, wenn es wirklich nötig ist. Flächen, zum Beispiel die Grüns, werden somit gezielt bewässert, andere dafür vielleicht nicht. Dann ist das Fairway hinter dem Abschlag vielleicht braun statt grün, aber das ist heute nicht mehr schlimm.
 
Aus Ihrer Sicht vielleicht nicht, aber sehen das Golfende genauso? Sie erwarten ja oft perfekt gepflegte Anlagen …
 
Das mag sein, aber die Sensibilität wächst. Der künstlich und sehr aufwändig hergestellte Augusta-Look ist einfach nicht mehr zeitgemäß. Die Golfenden müssen umdenken und akzeptieren, dass an manchen Stellen das Gras auch mal nicht grün aussieht. Entscheidend ist doch nicht die Farbe, sondern es sind die gesunden Graswurzeln!
 
Was zeichnet einen guten Golfplatz Ihrer Meinung nach aus?
 
Eben genau diese gesunden Graswurzeln, die Natürlichkeit des Platzes, sein Pflegezustand, die treuen Grüns. Clubhaus und Restaurant sind Beiwerk. Erlebt die Golfenden eine schöne Runde und hat Erfolgserlebnisse, so werden sie die Anlage in guter Erinnerung behalten!
 
Erkennen Sie hier eine Entwicklung: Wohin geht, abgesehen von dem sensibleren Umgang mit Ressourcen, der Trend?
 
Der Trend in meiner Branche geht eindeutig hin zu mehr Fun. Es gilt, die Menschen gut und schnell über die Runde zu bringen und ihnen trotzdem ein spannendes Spielerlebnis zu bereiten. Dies kann zum Beispiel durch nicht zu lange Bahnen, durch verschiedene Fahnenpositionen und abwechslungsreiche Layouts, die verschiedene Optionen zur Grünanspielung bieten, erreicht werden.
 
Das klingt einleuchtend. Auf welches Projekt sind Sie in diesem Zusammenhang besonders stolz?
 
Auf den Universitäts-Golfclub Paderborn, speziell den „Haxterhöhe Links“-Course. Hier haben wir mit vergleichsweise geringem Budget einen interessanten Platz geschaffen, der ein echtes Links-Feeling vermittelt, immer wieder Spaß macht und zudem von Menschen mit Beeinträchtigungen gepflegt wird.
 
Zu guter Letzt: Welche Highlights stehen dieses Jahr bei Ihnen an?
 
Ich freue mich besonders auf ein High-End-Projekt, das ich mit einem internationalen Team für einen Schweizer Investor realisieren darf. Bei diesem Millionenprojekt kann ich mich so richtig austoben.
 
Viel Spaß dabei und vielen Dank für das Gespräch!
 
*Zur Person:
Achim Reinmuth, Jahrgang 1972, verheiratet (2 Kinder), Dipl.-Ing. Landschaftsentwicklung (Diplomarbeit zum Thema „Golf und Naturschutz") und Golf Course Designer (Golfplatzarchitekt), Spezialist für Naturschutzfragen, seit vielen Jahren aktiver Hockeyspieler (u.a. Jugendnationalspieler) und Golfer (HCPI 4,8), seit Januar 2022 Partner bei Städler & Reinmuth Golfdesign in Münster. Weltweit erster Absolvent des "Raising the Standard of Sustainable Golf Course Development (RSSGCD)"-Programms des European Institute of Golf Course Architects (EIGCA), ehem. Mitglied im EIGCA Environment Committee, im Committee der EGA (European Golf Association) sowie im Ausschuss Umwelt und Platzpflege des DGVs (Deutscher Golf Verband).  
                                                                                                                    
 
 
 
 
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