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Applaus für Rainer Goldrian, seit knapp drei Jahrzehnten PGA-Geschäftsführer
Applaus für Rainer Goldrian, seit knapp drei Jahrzehnten PGA-Geschäftsführer Bild: FFZ - Frank Fröhlinger
01.11.2023 / Interview

Der Grand Seigneur des Golfsports

Charmant, in der Sache knallhart, aber niemals persönlich nachtragend: Dies sind nur einige Eigenschaften, die Rainer Goldrian auszeichnen.

Autor:in: Imke Ulrich
Lesedauer 7 MIN
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Er ist Geschäftsführer der PGA of Germany, der EPDT Golf Tours GmbH sowie Vorstand der Professional Golf AG. Im kommenden März wird der Wahlmünchner mit österreichischem Pass nach 30 ereignisreichen Dienstjahren seine Ämter niederlegen – mit uns blickt er zurück. Welche Zufälle in seinem Leben eine Rolle gespielt haben, wie es um den Profisport in Deutschland bestellt ist und warum er nicht „gnaschig“ (wählerisch) sein durfte, hat uns der 68-Jährige im Interview verraten.

Herr Goldrian, Sie haben viele Jahre sehr ambitioniert Tennis gespielt, sogar in der höchsten Liga, sind Diplom Sport-Ökonom und waren Inhaber einer Tennis- und Sportschule – Ihr Glück haben Sie aber letztlich im Golfsport gefunden. Wie kommt‘s?

(lacht) Wie sooft im Leben durch Zufall. Bei einem Tennis-Turnier in den frühen 80er Jahren gewann mein damaliger Mitbewohner ein Golf-Set, das dann erstmal einstaubte, weil wir nichts damit anzufangen wussten. Eines Tages haben wir es dann wiederentdeckt und ausprobiert – seitdem war ich für den Tennissport verloren. Heute habe ich ein HCPI von 15. Eigentlich war meine DNA aber immer Tennis, ich wollte sogar Profi werden, merkte aber mit Mitte 20, dass ich zwar talentiert, aber leider nicht fleißig genug war. Man muss Biss haben, über Jahre. 

Sind Sie deshalb dann Tennistrainer geworden?  

Ja, ich war Stützpunkttrainer im bayrischen Tennisverband, hatte eine eigene Tennis-Schule und konnte so große Events, wie Wimbledon, wenigstens als Betreuer meiner Schüler und Schülerinnen erleben. Ich habe gelernt, Athleten und Athletinnen on und off the course zu beobachten und einzuschätzen, wie fleißig, fokussiert, mental und persönlich stark jemand ist. Man wird ein echter Menschenkenner. Das kam mir später im Golfsportbereich sehr zu gute. 

In seinem Element: R. Goldrian im Gespräch mit Golfexperten bei der German Challenge 2023 (Foto: FFZ - Frank Fröhlinger)

In seinem Element: R. Goldrian im Gespräch mit Golfexperten bei der German Challenge 2023 (Foto: FFZ - Frank Fröhlinger)

 

Und wie kam dann die PGA ins Spiel?

Das war auch eine glückliche Fügung. Ich war nach meinem Studium zunächst bei Head im Marketing gelandet. Ein Bekannter machte mich auf die Anzeige des deutschen Golflehrerverbandes, wie die PGA* damals noch hieß, aufmerksam. Ich hatte noch nie von dem Verband gehört, bewarb mich aber selbstbewusst auf die ausgeschriebene Geschäftsführerstelle. Als die Einladung zum Vorstellungsgespräch kam, hatte ich wieder Glück: Ich war wegen eines Infektes eh noch krankgeschrieben, gerade den ersten Tag fieberfrei und dachte mir: „Gut, dann gehst du halt da hin!“ Im Gespräch war ich recht frech, ich erwartete ja gar nichts – und erhielt fünf Wochen später plötzlich die Zusage. Den anderen Bewerbern hatte man bereits abgesagt, also sagte ich mir: „Okay, probiere ich es halt“ – und schon ging’s los. 1994 war das.

Offenbar sind Sie kein strategischer Typ … 

Das stimmt. Ich bin extrem naiv da reingestolpert, dachte mir: „Wird schon gut gehen“. Ich bin ein Bauchmensch, entscheide sehr intuitiv, vertraue auf meine gute Menschenkenntnis und mein Improvisationstalent. Ich hatte das Glück, zu jeder Entwicklungsphase der PGA mit den richtigen Personen in einem Team zusammenarbeiten zu können. Im Ehrenamt waren das die Präsidenten Heinz Fehring, Stefan Quirmbach und Kariem Baraka, im Hauptamt meine Kollegin Ines Halmburger und mein Kollege Felix Lechner aus der Geschäftsleitung, mit denen ich seit 28 Jahren respektive 18 Jahren die PGA entwickeln konnte. 

Und jetzt ist plötzlich das Ende Ihrer Amtszeit zum Greifen nah. Wie fühlen Sie sich? 

Ich gehe mit einem lachenden und zwei weinenden Augen. Es fällt mir nicht leicht. Ich war all die Jahre mit Freude dabei, habe die Golfszene liebgewonnen und mir ein internationales Netzwerk aufgebaut. Ich bedauere, nicht zehn Jahre jünger zu sein, aber ja, es ist Zeit, in den Hintergrund zu treten. 

Gehen Sie mit dem Gefühl, alles richtig gemacht zu haben oder sind noch Rechnungen offen?

Im Grunde gab es nie offene Rechnungen. Kontroversen ja, teilweise auch von beiden Seiten scharf geführt, aber niemals Bitterkeit oder gravierende Verletzungen. Persönlich schätze ich die Harmonie und versuche, immer alle mitzunehmen. Ich bin mit allen im Reinen und ich glaube, es hat auch niemand mit mir ein Problem. Aber alles richtiggemacht – das habe ich natürlich nicht immer.

Bei der German Challenge im Einsatz: R. Goldrian (Foto: FFZ - Frank Fröhlinger)

Bei der German Challenge im Einsatz: R. Goldrian (Foto: FFZ - Frank Fröhlinger)


 

Was war denn die größte Innovation während Ihrer Amtszeit? 

Die größte Innovation war sicherlich, dass ich per Kaltakquise den Partner-Pool der PGA aufgebaut, über Jahrzehnte zusammengehalten und damit eine gute finanzielle Basis geschaffen habe. Ich habe Firmen wie BMW, Siemens, Gerling und die Telekom angesprochen. Das war anfangs eine echte Ochsentour, denn wir konnten ja nichts bieten. Da durften wir nicht „gnaschig“, also wählerisch sein. Der erste wichtige Partner war Gerling, mittlerweile haben wir über 40 Partnerunternehmen. Darauf sind wir sehr stolz. Seit 1995 veranstalten wir zwei Mal im Jahr eine Pool-Partnerfahrt. Diese Golfreisen haben nicht nur die Bindung der Partner zur PGA verstärkt, sondern auch die Basis für erfolgreiche Kooperationen der Partner untereinander gelegt.

Und was würden Sie als größten Erfolg bezeichnen?

Als die beste Entscheidung der PGA – nicht als meine, denn ich war anfangs skeptisch – würde ich den Kauf der 1997 gegründeten Pro Golf Tour bezeichnen. Das war ein echter Gamechanger, denn sie gibt ambitionierten Spielern die Chance, wertvolle Wettkampferfahrungen zu sammeln. Erst Turniere zeigen, wer das Zeug zum Profi hat – die Pro Golf Tour ist deshalb ein elementarer Unterbau für den Leistungssport. Sie hat wettkampferprobte Spieler für die Challenge Tour hervorgebracht.  

In den offiziellen Golf-Rankings finden sich zwar mehr Deutsche als je zuvor, aber im Vergleich zu anderen Ländern sind es immer noch wenige Top-Spieler:innen. Woran liegt das?

Deutschland hat lange keine Golfsportkultur gehabt, es war eine Golf-Diaspora. Jahrzehntelang hatten im Grunde nur Kinder von reichen golfenden Eltern die Chance, den Sport auszuüben. Golf war sehr exklusiv, der Zugang schwer und teuer. Bei uns gingen koordinativ Begabte an den Fußball oder Tennis verloren.

War das in anderen Ländern nicht so?

In Ländern wie England, Amerika und Schweden war dies schon immer anders: Golf braucht Fläche und die haben diese Länder. Und günstigere Konditionen. In Amerika zum Beispiel kommst du schon für acht Dollar auf die Runde, ergo: Quer durch alle Schichten wird in anderen Ländern Golf gespielt. Es gibt eine große Bandbreite an erschwinglichen Spielmöglichkeiten und viele Golfende – und dadurch seit Jahrzehnten mehr leistungsstarke Nachwuchsspieler als bei uns. 

Und wie ist es heute bei uns?

Golf wird jetzt auch in Deutschland als Sport wahrgenommen. Das Image des Golfsports hat sich, spätestens seit er 2016 olympisch wurde, positiv verändert, Golf ist heute finanzierbarer, die Schulen und der DGV engagieren sich, die Hemmschwelle ist gesunken. Ich denke, in den nächsten 20 Jahren werden wir viele gute Golfende haben! Es braucht noch ein bisschen, aber die Erfolge, die da sind, sind enorm. Wir haben heute mehr Golfende als zuvor, die für die Profi-Karriere in Frage kommen und diese auch wollen. Leistungsstarke Spieler und Spielerinnen werden besser gefördert!

Warum glauben Sie, dass wir viele gute Golfende erhalten werden?

Nun, die Basis der potenziellen Profi-Golfenden wird immer breiter und leistungswilliger, auch dank der geschaffenen professionelleren Strukturen im Training: Die Athletenförderung war lange Jahre nicht ausreichend entwickelt, Talentierte waren auf sich selbst gestellt, heute haben Nachwuchsgolfende bessere Entwicklungschancen, werden von den Clubs und dem DGV unterstützt, können sich messen, zum Beispiel auf der Pro Golf Tour. Im Wettkampf zu sein, zu merken, wo man steht, ob man mit Druck funktioniert, das ist entscheidend, motiviert und fördert. 

Denken Sie dabei auch an die Challenge Tour?

Ja. Wir sind sehr glücklich, dass dieses Turnier dank der Finanzierung durch die VcG seit 2021 wieder in Deutschland stattfindet. Die Pro Golf Tour und die German Challenge haben ein anderes Leistungsniveau geschaffen. Die German Challenge ist für die Nachwuchsgolfenden das Sprungbrett auf die European Tour. 

Kann jede/r Profi-Golfende/r werden?

Nun, man muss deutscher Staatsbürger sein, ein HCPI von 0 sowie natürlich Talent und den Willen haben, viel zu trainieren und viele Turniere zu spielen, dann kann man es probieren. Wenn du ein Guter bist, wirst du gesehen! Die Bundes- und Landestrainer haben allesamt eine hohe Kompetenz und eine sehr hohe „Trefferquote“. Im Amateurstatus wird man noch vom DGV unterstützt, dann geht es auf die Pro Golf Tour, so merkt man, ob man reif für die Profi-Karriere ist und vom Preisgeld leben könnte. 

Goldrian relaxt im Liegestuhl - ein seltener Anblick. (Foto: FFZ - Frank Fröhlinger)

Goldrian relaxt im Liegestuhl - ein seltener Anblick. (Foto: FFZ - Frank Fröhlinger)

 

Bis März 2024 sind Sie noch bei der PGA. Und was kommt dann? Vielleicht viel Golfen mit Ihrer Frau und der gemeinsamen Tochter?

Golfen werden wir sicherlich ab und an, aber: Meine Frau arbeitet noch, die Tochter studiert. Und ich mit dem Hund allein zu Hause vor dem Fernseher? Ein Albtraum. Nein, das ist nichts für mich. Ich habe noch viel Power und werde mir eine Tätigkeit suchen, vielleicht im Tourismus. Mal sehen, was kommt.

Vielen Dank für das Gespräch!

*Die PGA ist in Europa die zweitgrößte Vereinigung von Golfprofessionals und sechstgrößte weltweit. Sie umfasst neun unabhängig agierende Landesverbände, eine eigene Aktiengesellschaft, die PGA Golf Klinik und mehrere GmbHs, unter anderem die „PGA  Aus- und Fortbildungs GmbH“. Die Gestaltung und Organisation der Berufsausbildung zum „Fully Qualified PGA Golfprofessional“ gehört zu den Kernaufgaben des Berufsverbandes. Die PGA-Mitgliederzahlen haben sich in den vergangenen 20 Jahren mehr als vervierfacht. Golflehrer, „Teaching Pros“, machen 80 Prozent der 2032 Mitglieder aus, die weiteren arbeiten anderweitig in der Golfbranche, als Clubmanager, Pro-Shop-Betreiber, Greenkeeper, in der Golfindustrie etc. Nur 158 Mitglieder sind „Playing Professionals“ wie Martin Kaymer, Sophia Popov und Bernhard Langer.

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