Das Magazin für clubfreie Golfer:innen
Platz mit Zuganbindung: West Cornwall GC
Bild: Monica Deniers
22.04.2024 / Reisen
Fairways far away: Cornwall
Cornwall ist definitiv eine (Golf-)Reise wert. Die Region in Südengland ist berühmt für ihre Dörfer, Herrenhäuser, Gärten, Museen, Industrieruinen/-museen, Burgen/-ruinen, Leuchttürme, Strände, kleine Häfen, Prähistorisches ... ausschließlich zum Golfen ist die Gegend jedenfalls viel zu schade.
Autor:in: Monica Deniers
Reise. Don’t hurry
Doch leicht macht es dir die Grafschaft im Südwesten Englands nicht. Man muss erst mal hinkommen. Wir entscheiden uns für Calais – Dover, das eigene Auto und die Route längs der Südküste. Vorteil Auto: Ende April ist das Wetter unbeständig, auch in Cornwall scheint nicht immer die Sonne. Aber der Wagen schluckt klaglos Regenzeug, Ersatz-Golfschuhe sowie mehrere Wollpullover. Vorteil Südküste: Die Route führt durch typisch englische Städtchen und Dörfer mit interessanten Fahrtunterbrechungen. Nachteil: Das dauert. Deshalb haben wir in Arundel einen Zwischenstopp eingelegt. Übernachtung im Comfort Inn, Abendessen beim Crossbush Beefeater (300 Meter).
Golf. Wind und Ginster
An der Küste lockt der Littlehampton GC, ein freundlicher alter Linkscourse („der einzige in West Sussex“) an der Mündung des Arun. Wir sind zu früh, die Bar ist noch geschlossen, aber die Freitagmorgen-Herrenrunde beteiligt uns gegen Informationen zum Woher und Wohin bereitwillig am extra für sie bereitgestellten Kaffee. Der Platz ist lang und flach mit obligatorischen Topfbunkern. Die vorderen Abschläge (noch ungegendert „Ladies Tee“) sind klein, offensichtlich später hinzugefügt und schenken ihren Nutzer:innen auf den ersten Neun gerade mal 70 Yards. Dafür entschädigen CR- und Slopewert. Man riecht das Meer und hört die Möwen. Um das Lokalkolorit abzurunden, frischt der Wind auf und es nieselt – gelungener Urlaubsstart.
Reise. Verplant
Das Navi sagt: noch 350 Kilometer, 4:57 Stunden. Leider behält das Navi recht. Vor jedem Kreisverkehr, jeder Ampel, jeder Spurverengung Stau. Unser Ziel ist The Bugle Inn, 1840 als Poststation an der Strecke Bodmin – St Austell errichtet und mittlerweile das älteste Gebäude im Ort. Das Haus ist urig, das Willkommen herzlich und das Frühstück üppig. Nachdem ich allerdings den Gatten mittels eines Holzkleiderbügels aus dem durch eine verzogene Tür versperrten winzigen Badezimmer befreien musste, wechseln wir ins komfortablere und verkehrsgünstig an der A30 gelegene Holiday Inn Express Bodmin.
Golf. Zwischen zwei Küsten
35 Golfanlagen verteilen sich über Cornwall, nicht mitgerechnet die zahlreichen Kurz- und Kleinplätze, die entweder dem großen Vorbild angegliedert oder am Rande eines Dörfchens (oder im Nirgendwo) auf Besucher warten und die manchmal durchaus einen Stopp wert sind. Man unterscheidet zwischen Coastal Links, häufig mit Aussicht, fast immer mit Wind und gerne mit schmalen Fairways zwischen hohem Gras und Gestrüpp, und Parkland Courses mit altem Baumbestand, breiteren Fairways und gestutztem Rough. Die Anfahrt über kleine bis kleinste Straßen erfordert oft mehr Zeit als vermutet, deshalb solltest du schon vorab eine Auswahl treffen – und dir eine Startzeit sichern.
„Echter“ Links Course
West Cornwall, zudem der älteste Club der Grafschaft (1889), durch eine Bahnlinie vom Meer getrennt schmiegt er sich um die St Ives Bay. Der superfreundliche Pro erklärt, was wo ist („Tee 1 am Friedhof“) und warnt vor den engen ersten Neun. Die zweiten sind allerdings nicht viel breiter. Dazu viele blinde Schläge, kreuzende Bahnen, gut frequentierte Wanderwege am Rand. Deshalb gehört zur Scorekarte eine extra Course Map mit Sicherheitshinweisen. Nur vor den oft erhöhten, sehr schnellen Grüns warnt uns niemand. Spektakulärer (und viel teurer) ist der Church Course des St Enodoc GC, dessen sanft gewellte Dünen top gepflegte Fairways tragen, die auf- und absteigend immer wieder wechselnde Panoramen freigeben – falls Zeit zur Betrachtung bleibt, denn schnelles Spiel ist angesagt.
Hybrid
Carlyon Bay: Die ersten zehn Bahnen verlaufen oberhalb der Klippen, der Rest landeinwärts. Auch hier Wanderwege und Scorekarte mit Sicherheitshinweisen. Einige Bahnen liegen parallel, was schon mal brenzlig werden kann, weil der Wind Fore-Rufe ungehört aufs Meer weht. Nach der Runde Kaffee mit heißer Milch aus zwei Kännchen, Old School und herzerwärmend.
„Echter“ Parkland Course
Tehidy Park wirkt mit seinen verwilderten Bereichen und markanten Bäumen im Morgennebel wie verwunschen. Was fürs Auge attraktiv ist, bestraft leider unpräzises Spiel. Die drei kleinen Teiche erschweren eigentlich nur Bahn 5 (Par 3, 190/143 m), aber wer nicht unbedingt auf ein Birdie aus ist, platziert seinen Ball rechts vo(r)m Grün.
Gegend. Was ihr wollt
Die Natur, Druiden, Ritter der Tafelrunde, Adelsgeschlechter, sie alle haben sehenswerte Spuren hinterlassen – zu viele, um sie hier aufzuführen. Für uns neu: Die pyramiden- oder kegelförmigen Hügel allenthalben sind Abraumhalden. Ab Mitte des 18. Jahrhunderts wurde das zur Porzellanherstellung benötigte Kaolin in Cornwall abgebaut.
Reise. Hurry up
Rückfahrt via Schnellstraßen. Bodmin – Maidstone über A30/A303: 450 Kilometer, knapp fünf Stunden. Die fast kreuzungsfreie Alternative über M5/M4 ist 50 Kilometer länger bei gleicher Fahrzeit. Letzte Übernachtung im Golfhotel The Weald of Kent. Gutes Abendessen und Frühstück im Clubhaus mit letzter Chance auf einen echt englischen Afternoon Tea.
Gegend. Für Chagall-Süchtige
Umgeben von einem alten Friedhof steht in der Nähe von Tudeley die kleine Kirche All Saints. In Erinnerung an ihre ertrunkene Tochter ließen die Eltern die zwölf Fenster von Marc Chagall neugestalten. Weil kaum jemand hinfindet, kannst du in aller Ruhe in Farben und Formen schwelgen.
Reise. Letzte Etappe
Zum Fährhafen Dover: 70 Kilometer, zirka eine Stunde. Bye-bye and see you again!
Service-Informationen:
Anreise
Unterkunft
Golf
Doch leicht macht es dir die Grafschaft im Südwesten Englands nicht. Man muss erst mal hinkommen. Wir entscheiden uns für Calais – Dover, das eigene Auto und die Route längs der Südküste. Vorteil Auto: Ende April ist das Wetter unbeständig, auch in Cornwall scheint nicht immer die Sonne. Aber der Wagen schluckt klaglos Regenzeug, Ersatz-Golfschuhe sowie mehrere Wollpullover. Vorteil Südküste: Die Route führt durch typisch englische Städtchen und Dörfer mit interessanten Fahrtunterbrechungen. Nachteil: Das dauert. Deshalb haben wir in Arundel einen Zwischenstopp eingelegt. Übernachtung im Comfort Inn, Abendessen beim Crossbush Beefeater (300 Meter).
Golf. Wind und Ginster
An der Küste lockt der Littlehampton GC, ein freundlicher alter Linkscourse („der einzige in West Sussex“) an der Mündung des Arun. Wir sind zu früh, die Bar ist noch geschlossen, aber die Freitagmorgen-Herrenrunde beteiligt uns gegen Informationen zum Woher und Wohin bereitwillig am extra für sie bereitgestellten Kaffee. Der Platz ist lang und flach mit obligatorischen Topfbunkern. Die vorderen Abschläge (noch ungegendert „Ladies Tee“) sind klein, offensichtlich später hinzugefügt und schenken ihren Nutzer:innen auf den ersten Neun gerade mal 70 Yards. Dafür entschädigen CR- und Slopewert. Man riecht das Meer und hört die Möwen. Um das Lokalkolorit abzurunden, frischt der Wind auf und es nieselt – gelungener Urlaubsstart.
Reise. Verplant
Das Navi sagt: noch 350 Kilometer, 4:57 Stunden. Leider behält das Navi recht. Vor jedem Kreisverkehr, jeder Ampel, jeder Spurverengung Stau. Unser Ziel ist The Bugle Inn, 1840 als Poststation an der Strecke Bodmin – St Austell errichtet und mittlerweile das älteste Gebäude im Ort. Das Haus ist urig, das Willkommen herzlich und das Frühstück üppig. Nachdem ich allerdings den Gatten mittels eines Holzkleiderbügels aus dem durch eine verzogene Tür versperrten winzigen Badezimmer befreien musste, wechseln wir ins komfortablere und verkehrsgünstig an der A30 gelegene Holiday Inn Express Bodmin.
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Definitiv kein Strandwetter: West Cornwall GC (Foto: Monica Deniers)
Golf. Zwischen zwei Küsten
35 Golfanlagen verteilen sich über Cornwall, nicht mitgerechnet die zahlreichen Kurz- und Kleinplätze, die entweder dem großen Vorbild angegliedert oder am Rande eines Dörfchens (oder im Nirgendwo) auf Besucher warten und die manchmal durchaus einen Stopp wert sind. Man unterscheidet zwischen Coastal Links, häufig mit Aussicht, fast immer mit Wind und gerne mit schmalen Fairways zwischen hohem Gras und Gestrüpp, und Parkland Courses mit altem Baumbestand, breiteren Fairways und gestutztem Rough. Die Anfahrt über kleine bis kleinste Straßen erfordert oft mehr Zeit als vermutet, deshalb solltest du schon vorab eine Auswahl treffen – und dir eine Startzeit sichern.
„Echter“ Links Course
West Cornwall, zudem der älteste Club der Grafschaft (1889), durch eine Bahnlinie vom Meer getrennt schmiegt er sich um die St Ives Bay. Der superfreundliche Pro erklärt, was wo ist („Tee 1 am Friedhof“) und warnt vor den engen ersten Neun. Die zweiten sind allerdings nicht viel breiter. Dazu viele blinde Schläge, kreuzende Bahnen, gut frequentierte Wanderwege am Rand. Deshalb gehört zur Scorekarte eine extra Course Map mit Sicherheitshinweisen. Nur vor den oft erhöhten, sehr schnellen Grüns warnt uns niemand. Spektakulärer (und viel teurer) ist der Church Course des St Enodoc GC, dessen sanft gewellte Dünen top gepflegte Fairways tragen, die auf- und absteigend immer wieder wechselnde Panoramen freigeben – falls Zeit zur Betrachtung bleibt, denn schnelles Spiel ist angesagt.
Hybrid
Carlyon Bay: Die ersten zehn Bahnen verlaufen oberhalb der Klippen, der Rest landeinwärts. Auch hier Wanderwege und Scorekarte mit Sicherheitshinweisen. Einige Bahnen liegen parallel, was schon mal brenzlig werden kann, weil der Wind Fore-Rufe ungehört aufs Meer weht. Nach der Runde Kaffee mit heißer Milch aus zwei Kännchen, Old School und herzerwärmend.
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Echt Parkland: Tehidy Park (Foto: Monica Deniers)
„Echter“ Parkland Course
Tehidy Park wirkt mit seinen verwilderten Bereichen und markanten Bäumen im Morgennebel wie verwunschen. Was fürs Auge attraktiv ist, bestraft leider unpräzises Spiel. Die drei kleinen Teiche erschweren eigentlich nur Bahn 5 (Par 3, 190/143 m), aber wer nicht unbedingt auf ein Birdie aus ist, platziert seinen Ball rechts vo(r)m Grün.
Gegend. Was ihr wollt
Die Natur, Druiden, Ritter der Tafelrunde, Adelsgeschlechter, sie alle haben sehenswerte Spuren hinterlassen – zu viele, um sie hier aufzuführen. Für uns neu: Die pyramiden- oder kegelförmigen Hügel allenthalben sind Abraumhalden. Ab Mitte des 18. Jahrhunderts wurde das zur Porzellanherstellung benötigte Kaolin in Cornwall abgebaut.
Reise. Hurry up
Rückfahrt via Schnellstraßen. Bodmin – Maidstone über A30/A303: 450 Kilometer, knapp fünf Stunden. Die fast kreuzungsfreie Alternative über M5/M4 ist 50 Kilometer länger bei gleicher Fahrzeit. Letzte Übernachtung im Golfhotel The Weald of Kent. Gutes Abendessen und Frühstück im Clubhaus mit letzter Chance auf einen echt englischen Afternoon Tea.
Gegend. Für Chagall-Süchtige
Umgeben von einem alten Friedhof steht in der Nähe von Tudeley die kleine Kirche All Saints. In Erinnerung an ihre ertrunkene Tochter ließen die Eltern die zwölf Fenster von Marc Chagall neugestalten. Weil kaum jemand hinfindet, kannst du in aller Ruhe in Farben und Formen schwelgen.
Reise. Letzte Etappe
Zum Fährhafen Dover: 70 Kilometer, zirka eine Stunde. Bye-bye and see you again!
Service-Informationen:
Anreise
- Beste Zeit für Golfreisen: April/Mai, September/Oktober
- eigenes Auto und Fähre: Calais oder Dünkirchen nach Dover (kürzester Seeweg), Preise variieren nach Saison, Frühbucher-Angebote / Für Eilige: per Motorway (M) bis Exeter, weiter über A30 (1 Tag) / Für Genießer: Längs der Südküste (evtl. mit Übernachtung) / Weitere Fährverbindungen: Cherbourg – Bournemouth/Poole, Roscoff – Plymouth
- Flug/Leihwagen: zahlreiche Optionen nach London, seltener nach Plymouth oder Exeter. Beachte den erheblichen Zuschlag für Golfgepäck und die im Vergleich zum Festland teuren Mietwagen samt ungewohnter Rechtssteuerung
Unterkunft
- Echtes Cornwall-Feeling vermitteln die zahlreichen kleinen Landgasthöfe, oft mit üppigem Frühstück und angeschlossenem Pub (Live-Music am Wochenende). Aber meist ohne Aufzug, mit steilen Treppen, kleinen Zimmern und kaum schallisoliert
- Nicht so häufig vertreten sind die üblichen Ketten mit ihrem standardisierten Angebot. Bequem, aber austauschbar
Golf
- Info: https://golfincornwall.com/ Übersicht mit Greenfee- und Übernachtungsangeboten,
- http://www.golfsouthwest.co.uk/top-10-golf-courses-cornwall Top Ten mit Platzbeschreibung
- Preise: Wie im Vereinigten Königreich üblich, gibt es auch in Cornwall Plätze in jeder Preislage zwischen 9 £ und 380 £. Die sonst beliebten Voucher (2fore1 o. ä.) haben sich hier nicht bewährt und die von vielen Clubs geposteten Preise für bestimmte Cards beziehen sich nur auf einheimische Spieler:innen. Trotzdem lässt sich auf der Club-Website oder beim Gespräch im Sekretariat nicht nur das gerade gültige Greenfee feststellen, sondern auch das eine oder andere Angebot finden, z. B. für Junge oder Alte, für bestimmte Wochentage, Tages- oder Jahreszeiten, für Gruppen, für Golf+Cart-, Golf+Mahlzeit- oder Golf+Hotel-Kombis … Fragen kostet nichts und ist auch nicht verpönt. Startzeiten empfehlenswert!
"Herrliche" Bunker im Littlehampton GC
Bild: Monica Deniers
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Sieht von der Terrasse einfach aus: Littlehampton GC
Bild: Monica Deniers
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Südenglisches Notklo - falscher Blickwinkel: Littlehampton GC
Bild: Monica Deniers
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... auch noch Dünen: Littlehampton GC
Bild: Monica Deniers
Dahinter nichts. Hafen Carlyon Bay
Bild: Monica Deniers
Abschlag mit himmlischem Beistand: West Cornwall GC
Bild: Monica Deniers
Immerhin bis zur 15 ging alles gut: West Cornwall GC
Bild: Monica Deniers
Dezente Werbung für die Ewigkeit: Tehidy Park
Bild: Monica Deniers
Kein laues Lüftchen in Tehidy Park
Bild: Monica Deniers
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Kurz vor Schluss noch Lesestunde in The Weald of Kent GC
Bild: Monica Deniers
King Arthur ganz nah: Old Post Ofice in Tintagel
Bild: Monica Deniers
Sehenswürdigkeit: Lost Gardens
Bild: Monica Deniers
Natur und Klimaforschung für jedes Alter aufbereitet: the Eden Project
Bild: Monica Deniers
Alte Mine mit Meer-Blick: Bottalak-Mine
Bild: Monica Deniers