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Golf trotz(t) Trockenheit
Der Klimawandel verleiht mit zunehmenden Trockenperioden und Starkregen-Ereignissen dem Thema „Wasser/-verbrauch und -einsatz“ immer stärkere Brisanz – auch in puncto Golfsport.
Ihm wird unterstellt, die knapper werdende Ressource Wasser rücksichtslos für ein Freizeitvergnügen der Upper Class zu verschwenden. Wir haben mit Andreas Klapproth, Leiter des Arbeitskreises Bewässerung des Deutschen Golf Verbandes (DGV), gesprochen und interessante Fakten von dem 56-jährigen Wasserspezialisten erfahren …
Herr Klapproth, Sie sind Agraringenieur und haben sich seit 1997 als Landschaftsgestalter mit Ihrer Firma, der ibk Sportlandschaften GmbH, nicht nur unter anderem durch viele (Golfplatz-)Bauprojekte einen Namen gemacht, sondern auch als Autor zahlreicher Fachbeiträge zum Thema „Sinnvolle Golfplatzbewässerung“. Wasser ist offenbar Ihr Ding?
(schmunzelt) Absolut, ich habe beruflich täglich damit zu tun, denn bei der Planung und dem Bau von Garten-, Landschafts-, Golf- und Sportplätzen spielt die professionelle Bewässerung eine immer größere Rolle. Zudem bin ich unter anderem Leiter des DGV-Arbeitskreises Bewässerung, für den Wasser aufgrund der klimatischen Veränderungen ein großes Thema ist.
Inwiefern?
Nun, die Jahresdurchschnittstemperaturen steigen, es regnet seltener: Für alle Verantwortlichen der Sportanlagenpflege ist der ressourcenschonende Umgang mit Beregnungswasser eine zunehmende Herausforderung. Der Arbeitskreis setzt sich aus Head Greenkeepern, Behörden- und wissenschaftlichen Vertretern der Beregnungsindustrie sowie DGV-Mitarbeitern zusammen. Wir informieren Fachverbände, Behörden und Anlagenbetreiber durch Publikationen in verschiedenen Fachzeitschriften und über die Homepages der Fachverbände, zum Beispiel über das Serviceportal des DGVs, über aktuelle Themen rund um die Ressource Wasser und deren schonende Nutzung. Das Wissensmanagement des Arbeitskreises ist wichtiger denn je!
Da sind wir ja mit unseren Fragen bei Ihnen genau richtig. Uns irritiert, dass in puncto Wasserverbrauch der Golfsport viel stärker im Fokus der Kritik steht als andere Sportarten. Fußballstätten verbrauchen dem golfmanager, Ausgabe 4/2022, zufolge z.B. mehr als doppelt so viel Wasser wie die Golfplätze ...
Der Golfsport wird in der Gesellschaft leider immer noch als elitärer Zeitvertreib angesehen, dabei steht er allen offen: Hierzulande golfen 0,7 Millionen Menschen, es gibt Millionen an Golfinteressierten und Golf ist die achtstärkste Sportart im Deutschen Olympischen Sportbund. Trotzdem ist der Sport vielen, neuerdings ja auch den Klimaklebern, ein Dorn im Auge.
Golf wird unter anderem als Trinkwasserverschwender kritisiert …
Ja, dabei gibt es nur rund 730 Golfanlagen bundesweit. Bei der Kritik wird nur die Flächengröße von Golfplätzen gesehen und angenommen, diese werde komplett mit Trinkwasser beregnet. Doch im Gegenteil: Nur circa drei Prozent der Anlage werden intensiv gepflegt, der Rest bleibt naturbelassen, und nur maximal 20 Prozent der Fläche werden bewässert, und zwar überwiegend nicht mit Trinkwasser. Über den Wasserverbrauch anderer Sportarten wird nur wenig berichtet.
Die Deutschen verwenden laut Statistischem Bundesamt pro Person und Tag 128 Liter Wasser, Industrie und Landwirtschaft ein Vielfaches mehr, der Grundwasserspiegel sinkt seit Jahren rapide, offenbar haben wir ein Problem ...
Ja, auch wenn die Wasserversorger dies bestreiten: Der Kampf ums Wasser wird immer größer. Menschen, Industrie, Landwirtschaft, Sportstätten – alle wollen Wasser und beanspruchen die Priorität, der Ton wird rauer und der schonende Umgang mit der Ressource Wasser folglich immer wichtiger. Im letzten sehr trockenen Jahr wurde mancherorts von den Gemeinden und Kommunen die Bewässerung von z.B. Sportanlagen, Gärten und Parkanlagen bereits durch eine Wasserampel reguliert. Sie gilt selbstverständlich auch für Golfanlagen. Auch Golfplatzbetreiber und Greenkeeper müssen die Sportrasenbewässerung je nach der angezeigten Ampelfarbe reduzieren bzw. einstellen, sofern die Anlage nicht durch eigene Wasservorräte, wie Speicherteiche oder Zisternen, autark ist. Viele Golfanlagen haben die angespannte Wassersituation erkannt und stellen sich mit neuen Maßnahmen und Konzepten auf die klimatischen Veränderungen ein.
Warum?
Nun, eine Grundwasserentnahme zur Bewässerung ist aufgrund der zunehmenden Trocken- und Hitzeperioden nicht mehr gesichert, eine Nichtbewässerung hat verheerende Folgen für die Anlagen: Innerhalb von 48 Stunden sind die Grüns irreparabel zerstört, die Vegetationsbestände sterben ab und damit geht auch die Artenvielfalt zurück. Vertrocknet ein Golfplatz komplett, kostet die Wiederherstellung des Rasens bis zu 200.000 Euro. Greenfee-Einnahmen in nicht unerheblichem Umfang gehen verloren, Mitglieder kündigen, ein Desaster – für die Bilanz und die Natur.
„Braun ist das neue Grün“
Wie viel Wasser wird denn täglich für eine 9-Löcher- oder 18-Löcher-Anlage benötigt?
Das ist pauschal schwer zu sagen, die Bedarfszahlen sind sehr unterschiedlich und abhängig vom Standort. Der Mindestbedarf zum Erhalt wenigstens der Grüns und Abschläge beträgt bei einer 9-Löcher-Anlage circa 100 m³/Tag und bei einer 18-Löcher-Anlage circa 200 m³/Tag. Am stärksten leiden der Nordosten Deutschlands und das Rhein-Main-Gebiet unter der Hitze und den geringen Niederschlagsmengen, wie Online-Karten verdeutlichen.
Extreme Trockenheit, extremer Regen: Wie können sich Golfanlagen auf die neuen klimatischen Bedingungen einstellen?
Jede Golfanlage sollte über die Erschließung neuer Wasserressourcen und deren Speichermöglichkeiten nachdenken, also über die Regenwasserversickerung und -rückhaltung sowie über die Sammlung von Oberflächenwasser aus Gräben, Bächen und Niederschlägen, zum Beispiel in vorhandenen und/oder neu anzulegenden Speicherteichen auf den Golfanlagen. Auch die richtige Einstellung der Sektoren-Regner, Düsen und Wurfweiten sowie der Regner-Verband untereinander sind wichtig für eine optimale Wasserverteilung.
Welche Möglichkeiten gibt es in Bezug auf die Vegetation?
Einige, zum Beispiel kann man auf Hitze- und Trockenstress verträgliche Gräser in den Spielflächen umstellen oder klimatisch günstige Bäume wie die Bur-Eiche pflanzen. Die Deutsche Rasengesellschaft und die Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau sowie weitere Forschungsanstalten beschäftigen sich bereits intensiv mit diesem Thema. Wenn wir zunehmend das Klima der südlichen Länder hier haben, wird sich auch die Vegetation entsprechend verändern.
Und damit vermutlich auch die Platzpflege?
Ja, denn die Vegetationszeit und damit die Golfsaison verlängern sich. Wassersparende Maßnahmen und entsprechende regelmäßige Weiterbildungen des Personals sind unabdingbar. Die Pflege ist durchaus aufwendiger. Die Greenkeeper müssen regelmäßig die Bodenfeuchtigkeit messen, Bodenlockerungsmaßnahmen durchführen, die Beregnung planen bzw. an weniger spielrelevanten Stellen reduzieren etc. „Braun ist das neue Grün“, daran müssen wir uns gewöhnen. Das Ästhetische darf nicht entscheidend sein. Faire Spielbedingungen und Spielfreude zu erhalten, darum geht’s.
Vielen Menschen ist nicht klar, dass Golfplätze für die Biodiversität von herausragender Bedeutung sind. Ihre Hecken, Sträucher und Bäume sind zudem wichtig für die Sauerstoffproduktion und CO2-Bindung – sie müssten doch weit oben bei der Priorisierung der Wassernutzung stehen …
Ja, aber leider wird das oft nicht erkannt. Für Flora und Fauna sind die Golfplätze ein perfekter Lebensraum. Hinzu kommt: Viele Anlagen liegen am Stadtrand bzw. in den Frischluftschneisen zwischen Stadtrandbezirken und Stadtzentrum. Durch die intakte Vegetation versorgen sie die Städte mit frischer und kühler Luft, sind quasi ihre grüne Lunge.
Spielen ihre Flächen auch im Hinblick auf extreme Wetterereignisse wie Starkregen eine Rolle?
Ja, denn wenn es heute regnet, dann in kürzerer Zeit häufig größere Mengen als zuvor. Viele Kommunen erarbeiten derzeit Starkregensimulationen und -herangehensweisen. Das Regenwasser muss aufgefangen und kontrolliert in das Kanalsystem geleitet werden. Golfanlagen können dank Speicherbecken oder aufnahmefähiger Bodenverhältnisse ein Teil des Schwammstadt-Prinzips sein, sprich das örtliche Regenwasser-Kanalsystem, angrenzende Flüsse oder Bäche bei diesen Spitzenabflussmengen entlasten und Überflutungs- und Wasserauffangflächen anbieten. Somit trägt die Sportanlage aktiv zum Hochwasserschutz bei. Das alles wird von vielen Menschen nicht bedacht!
Finanziert werden die Anlagen nicht von Steuergeldern, sondern aus Eigenmitteln, durch die Clubmitglieder und Greenfee-Spieler. Wie können diese für die Umweltschutzmaßnahmen begeistert werden?
Ja, das Bewusstsein für den Klima- und Umweltschutz ist deutlich gestiegen, auch bei den Golfenden. Beim Wiesbadener GC haben zum Beispiel die Mitglieder den Bau des neuen 300.000 Euro teuren Speicherteichs ermöglicht. Generell kann durch aktive Aufklärung die Notwendigkeit von (Wassereinsparungs-)Maßnahmen vermittelt und eine Akzeptanz erzeugt werden, z.B. über die anlageneigene Homepage und das „schwarze Brett“ oder durch das persönliche Gespräch.
Wenn es nicht das Trinkwasser ist, woher nehmen Anlagen dann das Wasser für die Bewässerung?
Regen-, Graben-, Brunnen-, Teich-, Meerwasser, Speicherbecken, Zisternen – da gibt es viele Möglichkeiten. Auf jeden Fall ist es sinnvoll, dass Golfanlagen ein Wasserkonzept für die eigene Fläche erstellen oder erstellen lassen. Dafür werden die aktuellen Gegebenheiten gesichtet und Möglichkeiten erarbeitet, Wasser zu sammeln und für Beregnungszwecke in trockenen Perioden zu nutzen. Im Grunde empfiehlt sich ein Mix aus vielen verschiedenen Wasserzulaufmöglichkeiten! Im Wiesbadener GC schlängelt sich zum Beispiel ein Bach durchs Gelände. Hier bot sich der Bau des schon erwähnten Speicherteichs mit einem Überlaufbecken an. Regenwasser aufzufangen und dem Teich zuzuführen, lohnt sich von der Menge her nicht, deshalb ist die Sanierung, Erweiterung und/oder der Neubau von Beregnungswasserspeicherteichen die Zukunft, um den Wasserbedarf der Golfanlagen in trockenen Zeiten mit eigenen Wasservorräten abzudecken.
Warum haben dann nicht schon viel mehr Anlagen Speicherbecken gebaut?
Nun, erstmal muss ja die Notwendigkeit erkannt werden und ausreichend Platz vorhanden sein – ein Teich muss z.B. ins Spiel und in die Landschaft passen. Zudem müssen die nicht unerheblichen Kosten, auch für die anschließende Wartung, gedeckt sein. Manche Bundesländer stellen dafür Fördermittel zur Verfügung. Von der Einleitung bis zur Ableitung von Wasser: Es müssen unterschiedliche Genehmigungen verschiedener Behörden vorliegen. Golfanlagen sind zum Teil in puncto Bewässerung rechtlich öffentlichen Grünanlagen gleichgestellt, also den gleichen Einschränkungen wie diese unterworfen. Dies ist in den Bundesländern sehr unterschiedlich geregelt. Es gibt nicht die große Schablone für alle, jede Anlage muss für sich prüfen, was an ihrem Standort geht!
Was halten Sie davon, aufbereitetes Abwasser für die Beregnung von Sportrasenflächen zu nutzen?
Diese Idee ist gut und wird seitens der Behörden zukünftig stärker unterstützt. Grundvoraussetzung ist natürlich, dass eine Kläranlage in wirtschaftlicher Nähe der Anlage liegt ... und die Wasserqualität des aufbereitenten Wassers zur Gräserbewässerung geeignet ist. Bei zu hohen Nitrat-, Phosphat- und Salzgehalten geht es nicht. Seit über 20 Jahren beregnen einige Golfanlagen in Deutschland bereits mit aufbereitetem Kläranlagenwasser, z.B. die Golfanlage Hof Hausen vor der Sonne in Hofheim. Hier wurden viele Erfahrungen gesammelt, die eine breitere Anwendung finden können. Aktuell läuft ein Projekt im Märkischen Golfclub Potsdam, über das Sie im FREE GOLFER ja kürzlich berichteten.
Welchen Appell richten Sie abschließend an unsere Leserschaft?
Das Grundwasser, unsere Lebensversicherung, wird knapp! Lassen Sie uns alle gemeinsam am Erhalt unserer Grundwasserressourcen arbeiten und rücksichtsvoll mit unseren Ressourcen umgehen!
Das ist ein schönes Schlusswort! Vielen Dank für das Gespräch!