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Weiß, wohin der Weg führt: Marius Schulze
Weiß, wohin der Weg führt: Marius Schulze Bild: VcG
28.08.2024 / Interview

Golfplatzmanagement 3.0

Extreme Wetterereignisse, Fachpersonalmangel, steigende Energie- und Personalkosten, strikte Pflanzenschutzauflagen, aber auch hohe Ansprüche der Golfenden: Die Betreibenden von Golfanlagen stehen mehr denn je vor großen Herausforderungen.
 

Autor:in: Imke Ulrich
Lesedauer 6 MIN
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Wie kann eine Golfanlage heute wirtschaftlich und für Golfende dennoch preislich attraktiv betrieben werden? Über aktuelle und künftige Anforderungen im Golfanlagen-Management und moderne Lösungen sprachen wir mit Marius Schulze von der Sommerfeld AG.

Herr Schulze, dem jährlichen „Golfreport“ zu folge ging es den Golfanlagen vor Corona darum, die Wirtschaftlichkeit durch eine Steigerung der Umsätze, also durch mehr Golfspielende, vor allem Vollmitglieder, zu erhöhen. Hat das heute noch Gültigkeit?
Nun, die Zahl der Vollmitglieder ist rückläufig, ist aber nach wie vor am wichtigsten. Die generellen Rahmenbedingungen haben sich jedoch stark geändert. Es ist deshalb umso wichtiger, die Wirtschaftlichkeit auch auf eine andere Art und Weise zu steigern. Ohne professionelle, individuelle Konzepte wird das langfristig nicht gehen.

Was sind denn die größten Kostentreiber?
Studien zufolge betragen die durchschnittlichen jährlichen betrieblichen Aufwendungen einer 18-Löcher-Golfanlage bis zu 950.000 Euro. Tatsächlich macht die Golfplatzpflege in der Regel die Hälfte dieser Kosten aus und hier haben sich in den letzten Jahren die Energie- und Personalkosten, Lieferschwierigkeiten und die Kostenerhöhungen um bis zu 30 Prozent bei Maschinen und Dünger besonders stark ausgewirkt.

Wie reagieren die Anlagen darauf?
In den Niederlanden werden bereits mehr als 50 Prozent der Anlagen von Pflegefirmen gemanagt, in Deutschland dagegen weniger als 20 Prozent. Wir haben hier rund 50 Prozent gemeinnützige, ehrenamtlich geführte Anlagen, viele aus den 80er/90er-Jahren. Nur mit Ehrenamtlichen ist der moderne Betrieb jedoch nicht mehr leistbar. Die Anlagen müssen heute professioneller, sprich als Dienstleister in der Freizeitbranche agieren. Wenn ich mir über Kosteneinsparungen, den Umgang mit Ressourcen, Investitionen etc. langfristig keine Gedanken mache und Mehrkosten durch höheres Greenfee zu kompensieren versuche, erlebe ich über kurz oder lang böse Überraschungen. Ein professionelles Management und eine klare Positionierung sind unabdingbar und mit externer Hilfe realisierbar.

Mitspieler der Zukunft: der autonome Mäher (Foto: VcG)
Mitspieler der Zukunft: der autonome Mäher (Foto: VcG)



Wie passt das Wort „Outsourcing“ denn mit dem Thema Golf zusammen?
Recht gut. Düngevorschriften, Wasserentnahme- und Pflanzenschutzauflagen usw. – das alles ist sehr komplex und herausfordernd geworden. Outsourcing zeugt von Ein- und Weitsicht: Es entlastet, setzt intern Kapazitäten für andere Tätigkeiten frei und gibt der Anlage Planungssicherheit für mehrere Jahre.

Ist aber vermutlich auch nicht mal eben schnell getan …
In der Tat kann der Aufwand unter Umständen enorm sein. Grundsätzlich geht es darum, zunächst ein gemeinsames Qualitätsverständnis zu definieren. Dann müssen die regionalen Gegebenheiten, vom Klima und Boden bis hin zum Platzpflegezustand, analysiert werden. Es wird ein dem Budget entsprechendes, individuelles Pflegekonzept für die nachhaltige Nutzung erstellt. Zudem können detaillierte Masterpläne für langfristige Maßnahmen, wie zum Beispiel die Renovierung der Bunker, Sinn machen. Sie müssen nachfolgend regelmäßig neu justiert werden.

Das bedeutet aber möglicherweise auch eine Kostenoptimierung durch Personalabbau …
Nein, in der Regel bleibt bei einem Outsourcing an uns das Team vor Ort zu 100 Prozent intakt. Die Angestellten werden zu den bestehenden arbeitsvertraglichen Konditionen übernommen. Oft sind die Greenkeeper:innen sogar sehr erfreut, wenn das Pflegemanagement extern übernommen wird.

Warum das?
Die heutigen Ansprüche und Auflagen sind echte Herausforderungen. Wenn hier professionalisiert wird, bedeutet dies für die Vor-Ort-Arbeitenden eine Unterstützung durch ein Back Office, das administrative Aufgaben komplett übernimmt, sowie moderne Maschinen und externe Expert:innen.

Sind die Anlagen denn überhaupt technisch so weit, dass das geht?
Da gibt es in der Tat oft Optimierungsbedarf. Viele Anlagen arbeiten noch mit Windows 2000 und investieren lieber in etwas, das für die Mitglieder sofort sichtbar ist, wie zum Beispiel neue Terrassenmöbel. Große Investitionen, zum Beispiel für Bunkersanierungen oder neue Beregnungsanlagen, werden oft hintenangestellt. Masterpläne sind dann sehr hilfreich, denn sie helfen Notwendigkeiten und Kosten im Blick zu behalten. Unsere regionalen Gebietsleiter stehen im engen Kontakt zu den Clubmanager:innen. Zudem ist die Aus- und Weiterbildung ein wichtiger Erfolgsfaktor für die Wirtschaftlich- und Nachhaltigkeit: Die Mitarbeitenden werden regelmäßig in unserer Akademie geschult. Wir haben zudem eine eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung mit angeschlossenem Bodenlabor und Softwarelösungen für die Planung der Pflegemaßnahmen …                                                         

Bunkersand ist nicht gleich Bunkersand: Einblick in das Sommerfeld-Bodenlabor (Foto: VcG)
Bunkersand ist nicht gleich Bunkersand: Einblick in das Sommerfeld-Bodenlabor (Foto: VcG)



Softwarelösungen? Für welche Bereiche?
Nun, viele Clubs nutzen bereits eine Software für die Startzeitenbuchungen. Darüber hinaus gibt es bereits für viele Bereiche, wie die Personalplanung, technische Hilfen. In unserer eigens entwickelten Software unterstützt zum Beispiel ein Wochenplanungstool den Head-Greenkeeper oder die Head-Greenkeeperin bei der Planung der Pflegemaßnahmen. Wir haben 5.000 Maschinen im Bestand, einen Reparatur- und Wartungsservice sowie Ersatzgeräte, die wir binnen weniger Stunden zur Verfügung stellen können. Mit Hilfe einer Software wissen wir immer, wo welche Maschine im Einsatz ist, wann Material nachbestellt werden muss etc.
 
Erstaunlich, was alles möglich ist ...
Ja, dank dieser modernen Features sind viele Abläufe heute optimiert und effizienter – und das spart wiederum Kosten, da es die Greenkeeper:innen vor Ort entlastet, was sich letztlich auch für den Golfspielenden positiv auswirkt, der kein Interesse an höheren Beiträgen und höheren Greenfees hat!

Was wird von den Anlagen besonders stark nachgefragt?
Aufgrund der extremen Wetterlagen sowie strengerer behördlicher Auflagen ist seit 2018/2019 der effiziente Einsatz der Ressource Wasser für viele Anlagen ein großes Thema. Bei der Verlängerung der Wasserrechte werden immer häufiger die Entnahmemengen reduziert. Vielen Anlagen müssen also überlegen, wie sie Niederschlagswasser speichern und sparsamer ausbringen können. Neben dem Bau von Speicherteichen gibt es in diesem Bereich zahlreiche technische Innovationen, wie zum Beispiel per App individuell steuerbare Regner, Sensoren für die Bodenfeuchte u.ä.

Schön und gut, aber das kostet natürlich auch …
In der Tat. Golfanlagen reizen ihren Maschinenpark oft bis zum Letzten aus, arbeiten also so lange mit den vorhandenen, alten, möglicherweise nicht mehr effizienten Maschinen, wie es geht und haben selten eine Investitionsplanung, aber die macht Sinn: Für eine neue Maschine kann heute eine bis zu sechsstellige Summe fällig werden, wenn man nicht least. Eine Kostenreduktion durch Verzicht auf Pflegemaßnahmen sollte jedenfalls nicht die erste Wahl sein!

Werden Greenkeeper:innen immer mehr durch moderne Maschinen ersetzt?
Nein, ihr Know-how wird nur effizienter genutzt, sie können sich anderen notwendigen Pflegetätigkeiten widmen, wie zum Beispiel der Handwässerung von Grüns, dem Düngen von Spielelementen oder anderen wichtigen Tätigkeiten. Für die Greenkeeper:innen kommen auch neue Aufgaben hinzu: Die autonomen Mäher, die auf 15 unserer Pflegeanlagen bereits im Einsatz sind, müssen zum Beispiel regelmäßig gesäubert, ihre Klingen ausgetauscht werden usw.

Läuft denn mit der Technik schon alles rund?
Nein, nach fünf Jahres Testbetrieb mit unterschiedlichen Herstellern und Modellen können wir sagen, dass die Technik noch nicht 100-prozentig ausgereift ist, jedoch bereits eine Unterstützung sein kann. Welches Modell ist für welchen Platz geeignet, wie kann die Steuerung erfolgen, wie kommen die Gräser langfristig mit dem Schnittgut zurecht? Wir sind dabei, Erfahrungen zu sammeln.

Für die Golfspielenden können autonome Maschinen auch störend sein ...
(lacht) Klar, sie grüßen nicht und gehen nicht aus dem Weg. Aber: Wer bei der Golfplatzpflege Abstriche macht, begibt sich in eine unaufhaltbare Abwärtsspirale. Die Maschinen helfen, den Pflegezustand hoch zu halten und die Mitarbeitenden vor Ort zu entlasten. Es ist auf jeden Fall wichtig, die Mitglieder über den Maschineneinsatz zu informieren und sie zu sensibilisieren.

Bisweilen kommt auch aus der Politik Störfeuer: Stichwort Pestizideinsatz …
Ja, auch hier stehen die Golfanlagen heute vor großen Herausforderungen. Chemisch ist es nur noch sehr begrenzt möglich, gegen Wildkräuter, Schädlinge und Pilzbefall vorzugehen, daher wird verstärkt auf Bodenhilfsstoffe und mechanische Vorgänge gesetzt. Wir haben im Pflanzenschutz innereuropäisch mit die höchsten Anforderungen und Ansprüche.

Stagnation der Mitgliederentwicklung, abnehmende Spielfrequenz, das rückläufige Interesse am Vereinsleben und Engagement – wie wird sich der Golfmarkt weiterentwickeln?
Nun, sicherlich zeigen sich die Veränderungen im Freizeitverhalten und in der Gesellschaft auch im Golfsport. Aber wenn die Anlage gut gemanagt wird und das Gesamtpaket stimmt, dann fühlen sich die Golfenden wohl und kommen wieder. Ihre Ansprache und Bindung wird wichtiger werden. Wir werden langfristig wahrscheinlich weniger, aber professioneller aufgestellte Anlagen in Deutschland haben. Hier stehen uns spannende Entwicklungen bevor.

Vielen Dank für das Gespräch!




 
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