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Gruppenbild mit Dame: (v.l.) Arne Bensiek, Laura Fünfstück, Axel Heck, Bars Birdie
Gruppenbild mit Dame: (v.l.) Arne Bensiek, Laura Fünfstück, Axel Heck, Bars Birdie Bild: Starke & Pfeiffer
07.08.2024 / Blog

Unterwegs mit Laura

Spielen wie ein Amateur, sich fühlen wie ein Profi – Ein Tag auf der Tour dank Pro Am: TrackMan und „PGA Tour 2K23“ für die Playstation sind auch schon wirklich gut. Aber die beste Golfsimulation meines Lebens hatte ich als Möchtegern-Profi bei den German Masters im Pro Am-Turnier mit Laura Fünfstück.
 

Autor:in: Bars Birdie
Lesedauer 6 MIN
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Stell dir vor, du gehst auf die Driving Range. Was für Bilder sind in deinem Kopf? Ballautomat, heruntergekommene Bälle, links und rechts von dir fett getroffene Schläge und die Slice-Meisterschaften sind in vollem Gange. Doch an diesem herrlichen Golf-Tag erlebe ich etwas völlig anderes. An der Ballstation werde ich gefragt, ob (Achtung!) mein Ballkorb mit Titleist ProV1 oder ProV1x gefüllt sein soll. Jetzt weiß ich, dass das hier die Tour ist. Links und rechts von mir gibt es auch keine Mishits (Fehlschläge), sondern nur cleane Treffer, denn da machen sich die Spielerinnen der Ladies European Tour (LET) warm.

What to do?
Bei einem Pro Am spielen Profi-Spieler:innen mit Amateur:innen und bilden ein Team. Seit ich erfahren habe, dass ich hier mitspielen darf (mehr dazu am Ende des Textes), bin ich voller Vorfreude und trotzdem etwas nervös. Schließlich will ich mich nicht blamieren zwischen den ganzen Proettes. Die Google-Suche „what to do pro am” führt mich schnell zu einem Artikel, der mich beruhigt. Den Tour-Spieler:innen sei es vollkommen egal, wie man spielt! Du kannst deine Bälle total verschlagen, solange du entspannt bist und gute Stimmung mitbringst. Für die Pros ist diese Runde nämlich eine lockere aber wichtige Vorbereitung auf das Turnier-Wochenende, an dem dann um den Lebensunterhalt geputtet wird. Da sind einen Tag vorher Ego-Amateur:innen auf der Jagd nach der verlorenen Profi-Karriere fehl am Platz. Diese Info entspannt mich sehr und ich freue mich seitdem einfach nur auf die Runde.

Tippitoppi
Austragungsort der German Masters ist der Südplatz des GC Seddiner See in Brandenburg. Im Instagram-Kanal der LET und bei der SKY-Live-Übertragung wird zwar gesagt, die Anlage liege direkt neben dem Berliner Stadtzentrum, aber das ist eindeutig geschummelt. Trotzdem: Spielt den Südplatz unbedingt, wenn ihr in der Nähe seid. Schneeweiße Bunker, Teppich-Fairways, kreativ gestaltete Bahnen und schnelle Grüns. Eine der Top-Adressen in Deutschland.

Der Flight macht den Tag
Jetzt kommen wir zu einem ganz wichtigen Element bei einem Pro Am: Die Zusammenstellung des Flights! Tourspieler:innen müssen bei diesen Events mitmachen, das steht so im Vertrag. Einige haben Lust darauf, andere weniger. Und das können die dann auch mal rauslassen, wie ich so in Gesprächen auf der Anlage erfahre. Ein Amateur sagt mir, er habe mal in einem Flight mitgespielt, in dem die Proette auf der gesamten Runde kein Wort mit den anderen gewechselt und sich nur auf ihr Spiel konzentriert habe.

Dieser Schwung zahlt die Miete: Laura Fünfstück (Foto: Bars Birdie)
Dieser Schwung zahlt die Miete: Laura Fünfstück (Foto: Bars Birdie)



Aber ein atheistisches Halleluja!

Mein Flight (Teetime 11:10 Uhr) ist sehr angenehm und strotzt vor Golf-Kompetenz. Ich spiele mit der sympathischen Tour-Spielerin Laura Fünfstück (die LET kann keine „ü“s schreiben und daher hat sie ihren Namen mittlerweile sogar für Autogramme angepasst), dem Erfinder von PC Caddie, Axel Heck (ja, genau das PC Caddie auf deinem Smartphone), und dem Golf-Journalisten Arne Bensiek (MAIN.golf). Laura ist Proette, Axel und Arne haben Handicap 4. Was ich hier soll, ist mir zu dem Zeitpunkt nicht ganz klar, aber ich bin froh dabei zu sein.

„Richtiges Brett“
Nach dem Gruppenfoto auf der 1 setze ich meinen Drive gleich mal links in die Bäume. So hatte ich mir das nicht gedacht, aber ein bisschen nervös bin ich schon. Laura liegt natürlich Mitte Fairway. Ein paar Minuten später komme ich dann in der Runde an. Meinen Schlag vom Fairway Richtung Grün erwische ich voll und Proette Laura kommentiert mit: „Da haust du am ersten Loch gleich mal ein richtiges Brett raus.“ Freut mich natürlich mega und von da an ist der Rest des Tages nur noch wie auf Golfwolken schweben. Auf Loch 3 bin ich trotzdem noch immer etwas neben mir und hebe einen Ball auf, obwohl ein Scoring noch möglich ist. Passiert, heute ist der Spaß im Vordergrund und so sieht das mein Team auch. An Loch 4 erlebe ich dann noch ein Low-Light meiner Golfkarriere, als ein Kameramann von SKY schon mal die Einstellungen für die Folgetage übt und mich beim Abschlag filmt. 3er-Holz getoppt, 10-Meter-Schlag. Wird das jetzt irgendwo ausgestrahlt? Ab Loch 5 lasse ich mich dann treiben und stecke mich mit der Ruhe von Laura und ihrem Caddy Michael an. Das hat sofort Einfluss auf mein Game und ab hier performe ich über meinem Niveau und kann mit den anderen gut mithalten.

Ein Fundus an Insiderwissen
Laura erzählt uns auf der Runde vom Tour-Leben und wir hören gespannt zu. Der Beruf Golf-Proette sei mit all den schönen Golfplätzen natürlich ein Traum. Ganz ohne Sponsoren sei es aber schwierig, das Reisen, Hotels und den Caddy zu finanzieren, weil man an Wochenenden ohne gutes Ergebnis ein Minusgeschäft macht. Die Hälfte des Feldes schafft den Cut und kommt ins Preisgeld, die andere Hälfte fliegt ohne Bezahlung auf eigene Kosten nach Hause. Auch entscheiden sich immer mehr Spieler:innen für Schmerzmittel aufgrund der einseitigen Belastung. Laura habe sich dagegen entschieden, aber das müsse jede:r selbst wissen. Auch über Hautkrebs sprechen wir. Das Thema findet unter Golf-Professionals hohe Beachtung, denn laut Untersuchungen sei diese Berufsgruppe unter den Top 3 weltweit, was das Hautkrebsrisiko angeht. Wenn ihr euch gefragt habt, warum manche Tour-Spieler:innen trotzt Hitze langärmlig spielen: Das ist der Grund.

Hinter dem Baum die Zweite links und dann ...
Hinter dem Baum die Zweite links und dann ...



Tipps, die unser Spiel sofort verbessern können

Für mich persönlich am wertvollsten sind an diesem Tag die Insights zur Psyche des Spiels, wie man sich auf einen Schlag vorbereitet und Runde mit Höhen und Tiefen gut übersteht. Caddy Michael ist top vorbereitet und wenn wir wollen, zeigt er uns die Linie für den Drive. Das gibt Sicherheit. Laura liest auf Wunsch auch die Putt-Linien und sie liegt natürlich immer richtig. Mir fällt am gesamten Tag auf, dass die beiden durchgehend entspannt sind und vor allem: positiv. Vor jedem Schlag wird sich wohlwollend zugesprochen, nicht so gute Schläge werden amüsiert belächelt, nach gelungenen Schlägen wird gegenseitig gelobt. Diese Attitüde springt zu mir über und ich fange an zu verstehen, wie man richtig Golf spielt. Klar hatte ich vorher schon gelesen oder vom Trainer gehört, dass man positiv und entspannt sein sollte. Hier erlebe ich das aber live und das hat einen anderen Effekt. (Im Übrigen: Seit dem Pro Am habe ich die vier besten Runden meines Lebens gespielt. Danke, Laura & Michael.)

Ich frage Laura, ob sie noch Tipps für das Bestehen einer langen Runde hat und was sie macht, wenn sie mal einen Schlag richtig verschlägt. Ihre Methode: Sie nimmt nach dem Loch den Golfball in die linke (falsche) Hand und versucht ihn so weit wie möglich wegzuwerfen. Das sieht dann etwas peinlich aus und klappt auch nicht so gut, sodass sie etwas über sich selbst lachen kann – und schon sind die Gewitterwolken wieder verzogen. Auch den Tipp habe ich von ihr übernommen. Funktioniert sehr gut.
So geht die Runde viel zu schnell vorbei und ich könnte direkt am nächsten Tag zur nächsten Runde wiederkommen. Als Zuschauer mache ich das am Finalsonntag und begleite natürlich Lauras Flight und sehe, wie sie mit -8 die beste Runde der Turnierwoche spielt und am Ende geteilte Vierte wird. Nach 9 Löchern liegt sie bereits 6 unter und wirkt genauso entspannt wie beim Pro Am. Natürlich ein bisschen fokussierter.

Pro-Am-Plätze sind leider nicht leicht zu bekommen
In Deutschland sind die Startplätze für Pro Ams rar gesät, denn es gibt nur vier erstklassige Profi-Turniere hier. Die Plätze gehen logischerweise zum größten Teil an Sponsoren, ohne die es weder Turnier noch Preisgeld gäbe. Man trifft also die ganzen Fachleute der Golfbranche. Ich verdanke meine Teilnahme der VcG, die mich als Autor nach einem Artikel über das Event gefragt hat (juhu!). Wenn du einiges an Geld über hast, kannst du dich bei Pro Ams auch einkaufen, hier betrug die Startgebühr für den Tag 1.500,- Euro. Ich persönlich würde keine 1,5K dafür ausgeben. Aber wenn du mal ein Golfturnier siehst, bei dem man ein Ticket für ein Pro Am gewinnen kann, ist meiner klarer Tipp: Mitmachen! Es ist ein tolles Erlebnis.

Bis zum nächsten Birdie.
 
 
 
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